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Schweizer Kriegsmaterial Rüstungskonzerne sollen leichter exportieren dürfen

  • Bei der Kriegsmaterialausfuhr sollen die Regeln gelockert werden.
  • Die Schweizer Rüstungsindustrie will auch Kriegsmaterial in Länder exportieren dürfen, in denen ein bewaffneter interner Konflikt herrscht.
  • Nun zeigt sich: Wirtschaftminister Johann Schneider-Ammann will den Wunsch der Rüstungsindustrie aufnehmen.

Die Schweizer Rüstungsindustrie beklagt sich: Die Rüstungsexporte gingen zurück, Schweizer Rüstungsfirmen seien im Nachteil gegenüber der europäischen Konkurrenz. Denn in der Schweiz sei die Bewilligungspraxis bei Ausfuhren vergleichsweise restriktiv. Arbeitsplätze seien in Gefahr.

Letzten Herbst deponierte die Branche ihre Befürchtungen bei der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats, der SiK. Nun zeigt sich: Im Bundesrat stehen die Türen offen für die Rüstungsindustrie und ihr Anliegen.

Involvierte Departemente werden aktiv

SiK-Präsident Josef Dittli bestätigt, dass seine Kommission diese Woche die drei involvierten Departemente angehört habe – das Wirtschafts-, das Verteidigungs- und das Aussendepartement: «Aufgrund der Gespräche, die wir mit den politisch Verantwortlichen der drei Departemente hatten, haben wir festgestellt, dass sie bereit sind, selber zu handeln und eine Verordnungsanpassung in die Wege zu leiten.»

Damit würden die Departemente das Anliegen der Wehrtechnikindustrie aufnehmen und es in den Bundesrat hineintragen, sagt Dittli.

Schneider-Ammann will vorwärts machen

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im zuständigen Wirtschaftsdepartement WBF von Johann Schneider-Ammann bestätigt auf Anfrage: «Das WBF und die weiteren betroffenen Departemente nehmen das Anliegen der Industrie ernst.» Sie würden den Handlungsbedarf nun prüfen – und: «Das WBF wird dem Bundesrat anschliessend einen entsprechenden Antrag zur Anpassung der Kriegsmaterialverordnung unterbreiten.»

Über den konkreten Inhalt macht das Seco derzeit keine Angaben. SiK-Präsident Dittli erläutert: Die Industrie befürchte, dass sie bald nicht mehr die nötige Grösse habe, um die Bedürfnisse der Schweizer Landesverteidigung zu befriedigen. Eine minimale solche Kapazität verlange aber das Kriegsmaterialgesetz.

Rüstungsindustrie will «Flexibilisierung»

Für die Industrie stünden zwei Punkte im Vordergrund: «Auf der einen Seite geht es um eine Verlängerung der Exportbewilligung. Auf der anderen Seite um die Flexibilisierung des sogenannten Ausschlusskriteriums ‹interner Konflikt›.»

Der Hintergrund: Heute ist der Export von Kriegsmaterial in Länder mit einem internen bewaffneten Konflikt – etwa einem Bürgerkrieg – verboten. Diese Regel soll also gelockert werden.

Die Schweiz ist ein neutrales Land. Wenn wir beginnen in Bürgerkriegsländer zu exportieren, wie es die Rüstungsindustrie will, ist das eine Verletzung der Neutralität und sicherheitspolitisch höchst bedenklich.
Autor: Lewin Lempert Sekretär der GSoA

Das weckt Kritik bei der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA). Ihr Sekretär Lewin Lempert sagt: «Die Schweiz ist ein neutrales Land. Wenn wir beginnen in Bürgerkriegsländer zu exportieren, wie es die Rüstungsindustrie will, ist das eine Verletzung der Neutralität und sicherheitspolitisch höchst bedenklich.»

Der Bundesrat hat die Ausfuhrregeln bereits vor einigen Jahren gelockert. Ob diese Lockerung denn nicht gereicht habe, sei auch eine zentrale Frage seiner Kommission an die Branchenvertreter gewesen, sagt SiK-Präsident Dittli: «Wir haben zur Antwort bekommen, dass die Ziele aus der letzten Revision der Verordnung nicht erreicht werden konnten. Vor diesem Hintergrund sehen die Departemente nun selber, dass offenbar Handlungsbedarf besteht.»

Die bundeseigene Ruag möchte sich derzeit zum Geschäft nicht äussern. Die Chancen stehen gut, dass das Anliegen im Bundesrat eine Mehrheit findet: Ignazio Cassis könnte rüstungsfreundlicher abstimmen als sein Vorgänger Didier Burkhalter.

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