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Schweizer Pflanzenproduktion Mehr Grenzschutz und Innovation für den Pflanzenbau gefordert

Esst mehr Schweizer Pflanzen, dann werden sie auch produziert!. So der Appell der grossen Bauernorganisationen. Ein Ökonom will den heimischen Anbau lieber mit einem Fonds statt mit Zöllen ankurbeln.

Besuch auf dem Hof von Monika und Urs Tellenbach im bernischen Pieterlen. Neben der Kuhhaltung und dem Anbau von Zuckerrüben oder Soja bauen sie auch Spezialkulturen an: Ackerbohnen, Linsen, Hirse oder auch Kichererbsen. Urs Tellenbach freut sich auf die diesjährige gute Kichererbsen-Ernte, die nicht selten durch ein- bis zwei schwierige Jahre unterbrochen werde.

Urs Tellenbach
Legende: Urs Tellenbach vom Breiten-Hof in Pieterlen steht vor einem Feld mit Quinoa. Laut den Bauerverbänden ist die Pflanzenproduktion in der Schweiz in einer besorgniserregen Lage. Keystone/Peter Schneider

Schwierig seien aber nicht nur die meteorologischen Bedingungen, sondern auch die wirtschaftlichen, erklärten heute unisono der Schweizer Bauernverband (SBV), Bio Suisse und IP Suisse.

Eine Anpassung des Grenzschutzes ist nötig, sonst ist die Produktion nicht rentabel und es wird nichts produziert in der Schweiz.
Autor: Martin Rufer Direktor Schweizer Bauernverband (SBV)

Weil die Pflanzenbauflächen in der Schweiz stetig schrumpften, brauche es mehr Grenzschutz beziehungsweise Zölle auf importierte Lebensmittel, forderte SBV-Direktor Martin Rufer an der Medienkonferenz in Pieterlen und weist auf einen gewissen Spielraum innerhalb der völkerrechtliche Verträge hin: «Eine Anpassung des Grenzschutzes ist nötig, sonst ist die Produktion nicht rentabel und es wird nichts produziert in der Schweiz.»

Martin Rufer.
Legende: SBV-Direktor Martin Rufer fordert mehr Schutz für den inländischen Pflanzenbau. Denn pflanzliche Ernährung gilt als nachhaltig und gesund und wird politisch gefördert. Doch leider kommen diese Lebensmittel häufig nicht aus der Schweiz. Keystone/Peter Schneider

Der Selbstversorgungsgrad mit Pflanzen sei konstant, stellte der Ökonom Lukas Fesenfeld fest, der sich an der ETH mit Ernährungs- und Agrarpolitik beschäftigt. Allerdings sei die Quote bei Hülsenfrüchten wie etwa Linsen oder Kichererbsen tatsächlich tief.

Innovationsfonds und Experimentalbudget

Statt mehr Zöllen und entsprechend höheren Preisen für Konsumentinnen und Konsumenten schlägt er einen Innovationsfonds für pflanzenbasierte Ernährung vor: «Mit einem derartigen Fonds könnten etwa lokale Käsereien, Bäckereien und Landwirtinnen und -wirte gemeinsam innovative Produkte entwickeln und mehr lokale Wertschöpfung im Pflanzenbau generieren», sagt Fesenfeld.

Eine Möglichkeit wäre laut Fesenfeld auch ein «Experimentalbudget» für Bäuerinnen und Bauern, um den administrativen Aufwand und die Risiken zu minimieren und neue Einkommensquellen zu erschliessen.

In den letzten rund 50 Jahren wurde die tierische Produktion gefördert und so sind die Betriebe aufgestellt. Es ist nicht einfach, rasch auf Pflanzen umzustellen.
Autor: Urs Brändli Präsident Bio Suisse

Doch woher soll das Geld kommen? Denkbar sei langfristig, Geld umzulagern, mit welchem heute die Produktion tierischer Lebensmittel gefördert wird, sagt Fesenfeld. Doch zuerst brauche es Innovation, auch damit die Bauern Sicherheit hätten.

«Sicherheit» sei ein wichtiges Stichwort, unterstreicht auch Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli. Denn heute produzierten die Bauern, was rentabel sei. «In den letzten 50 Jahren wurde die tierische Produktion gefördert und so sind die Betriebe aufgestellt. Für diese ist es nicht so einfach, jetzt rasch auf Pflanzen umzustellen.» Darum brauche es ein Umdenken entlang der ganzen Wertschöpfungskette: Vom Feld, über den Laden bis zum Teller.

Urs Brändli.
Legende: Biosuisse-Präsident Urs Brändli: Die pflanzliche Produktion ist rückläufig, der Selbstversorgungsgrad liegt bei 37 Prozent. (R: IP-Suisse-Geschäftsführer Christophe Eggenschwiler. Keystone/Peter Schneider

Viele Ideen stecken heute noch in den Kinderschuhen. Das Risiko, dass ein Anlauf scheitert, ist hoch. Wie etwa bei Urs Tellenbach: «Dieses Jahr wollte ich Chia-Samen anbauen. Das kam bei mir leider nicht gut.» Damit sich die Versuche der Bauern auch lohnten, müssten Konsumentinnen und Konsumenten bewusst Schweizer Pflanzen konsumieren, findet er.

Echo der Zeit, 10.07.2025, 18:00 Uhr

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