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Schweizer Pharmabranche «Eskaliert der Zollkrieg, sind 26'000 Arbeitsplätze in Gefahr»

Sollte Donald Trump auch auf Medikamente Zölle erheben, würde das die Schweizer Wirtschaft mit ihrer grossen Pharmabranche hart treffen. Wie die Branche versucht dagegen vorzugehen, erklärt der Geschäftsführer von Interpharma, René Buholzer, im Interview.

René Buholzer

Geschäftsführer von Interpharma

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Interpharma ist der Verband der forschenden pharmazeutischen Firmen der Schweiz. Der Verein mit Sitz in Basel wurde 1933 gegründet. René Buholzer ist Geschäftsführer von Interpharma.

SRF News: Wie gross ist die Unruhe in der Schweizer Pharmabranche aktuell?

René Buholzer: Wir schauen mit grosser Spannung, was passiert. Die Pharmabranche ist einerseits für die Schweiz von grosser Bedeutung, andererseits sind die USA ein sehr wichtiger Markt. 27 Prozent der Schweizer Pharma-Exporte gehen in die USA.

Sollte der Zollkrieg eskalieren, könnte dies in einem Worstcase-Szenario gemäss BAK Economics 26'000 Arbeitsplätze gefährden.

Also würden Zölle die Schweizer Pharmabranche hart treffen?

Absolut. Da 60 Prozent der gesamten Schweizer Exporte in die USA von der Pharma kommen, würde es auch andere Branchen hart treffen. Sollte der Zollkrieg eskalieren, könnte dies in einem Worstcase-Szenario gemäss BAK Economics 26'000 Arbeitsplätze gefährden.

Die USA importieren rund ein Drittel aller Medikamente. Mit Zöllen will die Trump-Regierung die Produktion in den USA steigern, um die Versorgungssicherheit zu stärken. Ein berechtigtes Anliegen?  

Absolut. In Zeiten geopolitischer Spannungen und mit den Erfahrungen aus der Pandemie haben viele Länder gelernt, wie wichtig es ist, Produktions- oder Forschungsplattformen im eigenen Land zu haben. Aber den Alleingang zu versuchen, wäre selbst für ein grosses Land wie die USA schwierig.

Produktion und Forschung sind sehr global aufgestellt. Ein Medikament passiert mehrmals Landesgrenzen, bevor es definitiv beim Konsumenten ankommt. Es ist es ein komplexes Geschäft, bei dem man auf offene Märkte und eine enge Zusammenarbeit angewiesen ist.

Wir haben daran erinnert, dass vor über einem Jahr mit einem Abkommen technische Handelshemmnisse abgebaut wurden.

Sie haben mit Interpharma eine Stellungnahme an die US-Behörden geschickt, im Rahmen einer Vernehmlassung. Darin schildern Sie, warum Sie Zölle falsch finden. Was sind Ihre Argumente?

Wir haben betont, wie eng die Kooperation zwischen den USA und der Schweiz jetzt schon ist, wie viel die Schweizer Pharmaindustrie bereits in den USA investiert und wie gut die Kooperation funktioniert. Wir haben daran erinnert, dass vor über einem Jahr mit einem Abkommen technische Handelshemmnisse abgebaut wurden, dass die USA und die Schweiz gegenseitig die Standards voneinander akzeptieren.

Bieten Sie den USA an, hier noch weiterzugehen, dass Medikamente, die in den USA zugelassen werden, automatisch auch hier zugelassen werden – und umgekehrt?

Das wäre ein zu weitreichender Schritt. Aber was denkbar ist, dass das Abkommen ausgedehnt wird, beispielsweise auf Impfstoffe oder Zell- und Gentherapien.

Wenn wichtige Märkte wie die USA hohe Zölle einführen, dann muss man sich überlegen: Wo stelle ich die nächste Fabrik hin?

Grosses Interesse haben die USA an Investitionen: Novartis und Roche haben bereits 73 Milliarden Dollar auf die nächsten fünf Jahre angekündigt. Macht «Big Pharma» den Bückling vor der Regierung Trump?

Nein, ich glaube nicht, dass sie den Bückling macht. Die USA sind schon lange ein attraktiver Ort für Investitionen. Diese Ankündigungen sind aber schon eine Reaktion auf die neuen Rahmenbedingungen. Wenn wichtige Märkte wie die USA hohe Zölle einführen, dann muss man sich überlegen: Wo stelle ich die nächste Fabrik hin?

Der Standortwettbewerb wird sich deutlich verschärfen.

Und das wäre dann eben nicht die Schweiz?

Das wären vor allem die USA. Wenn sich die grössten Märkte China und USA abschotten, wird der Markt, auf den man noch exportieren kann, kleiner. Der Standortwettbewerb wird sich deutlich verschärfen.

Rechnen Sie damit, dass die USA Zölle auf Pharmaprodukte erheben werden?

Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sie kommen. Wir hoffen, dass sie nicht kommen und vertrauen der Schweizer Regierung, die einen guten Job macht. Am Freitag sind wieder Gespräche in Genf geplant. Wir müssen uns aber schon jetzt überlegen, wie wir die Rahmenbedingungen verbessern können, damit die Schweiz ein attraktiver Standort bleibt.

 Das Gespräch führte Simone Hulliger.

Tagesgespräch, 8.5.2025, 13 Uhr ; 

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