Der Verkauf von Kriegsmaterial ist ein Geschäft mit vielem Auf und Ab. Es dürfte in den nächsten Jahren stark anziehen, weil viele Länder aufrüsten werden. In der Schweiz gingen die Exporte 2021 im Vergleich zum Vorjahr zurück – um knapp 20 Prozent auf 740 Millionen Franken.
Wäre die Schweizer Wirtschaft ein Heuhaufen, wäre die Rüstungsindustrie also die ominöse Nadel, die darin zu finden wäre. Ein paar Zahlen: An der gesamten Wirtschaftsleistung der Schweiz macht die Herstellung von Rüstungsgütern für die Armee und den Export etwa 0,12 Prozent aus. Von 100 Franken sind das 12 Rappen.
Regionale Bedeutung
Schaut man den Anteil am Industriesektor an, dann sind es immerhin 60 Rappen auf 100 Franken. Diese Zahlen zusammengetragen und analysiert hat das private Wirtschaftsinstitut BAK Economics in einer Studie im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco.
Simon Plüss vom Ressorts Rüstungskontrolle und Rüstungskontrollpolitik bestätigt, dass die Rüstungsindustrie gesamtvolkswirtschaftlich fast keine Bedeutung habe: «Regional sieht es ein bisschen anders aus. So vor allem für die Zentralschweiz, wo die Rüstungsindustrie eine Rolle spielt.»
Rüstungsfirmen als Arbeitgeber
Rüstungsfirmen stellen meist nicht nur Rüstungsgüter her, sondern auch zivile Produkte. Rechnet man diese noch hinzu, dann kommt man auf einen Anteil von 32 Rappen auf 100 Franken Wertschöpfung. Grössenmässig liegt die Rüstungsindustrie damit zwischen den privaten Haushalten als Arbeitgeber und der Wasser- und Abfallentsorgung. Restaurants und Hotel generieren etwa viermal mehr Wertschöpfung.
Arbeitsplätze sind auch ein beliebtes Argument, wenn es darum geht, Einschränkungen bei Rüstungsexporten zu bekämpfen. Die Rüstungsindustrie schafft gemäss Studie direkt und indirekt etwa 14'000 Arbeitsplätze. Dies gemessen an 4.2 Millionen Vollzeitarbeitsstellen in der Schweizer Wirtschaft. Zurzeit sind knapp 120'000 Personen arbeitslos. Der Beschäftigungseffekt durch die Rüstungsindustrie auf dem Arbeitsmarkt ist also ebenfalls marginal.
Sicherheitspolitische Aufgabe per Verfassung
Die eigentliche Bedeutung der Schweizer Rüstungsindustrie liege aber anderswo, erklärt Plüss: «Sowohl die Verfassung als auch das Kriegsmaterialgesetz messen der Rüstungsindustrie eine gewisse sicherheitspolitische Bedeutung zu. Insofern, dass sie eine gewisse Unabhängigkeit vom Ausland garantieren und letztendlich auch zu gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen dem Ausland und der Schweiz beitragen soll.»
Das heisst, wenn die Schweiz Mühe bekommt, international Waffen einzukaufen, könnten die Produkte der Schweizer Rüstungsindustrie ein Pfand werden. Ich liefere, wenn du auch lieferst.
Kommt jetzt ein Boom?
Da viele Länder angekündigt haben, militärisch aufzurüsten, könnte es durchaus sein, dass die Schweizer Rüstungsindustrie in den nächsten Jahren boomt und Anteile gewinnt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Rüstungsindustrie einen enormen Sprung nach oben nehmen wird.
Ob dann die Bedeutung der Rüstungsindustrie für die Schweiz als solche grösser werde, bleibe abzuwarten, sagt Plüss. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen enormen Sprung nach oben nehmen wird, so dass die Schweiz volkswirtschaftlich auf die Rüstungsindustrie angewiesen sein wird.» Das Geschäft mit Kriegsmaterial wird also die Nadel im Heuhaufen bleiben.