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Schweizer Weinförderung Parlament spart nicht beim Wein – Sucht Schweiz ist irritiert

Schweizer Wein erhält mehr Geld vom Bund. Suchtfachleute kritisieren das mit Blick auf die 250.000 Alkoholkranken.

Wein geniesst in der Schweiz eine Sonderstellung unter den alkoholischen Getränken. Eine Alkoholsteuer wird im Gegensatz zu Bier und Schnaps nicht erhoben. Zusätzlich gibt es für die Vermarktung von Schweizer Weinen Zuschüsse vom Bund.

2022 gelang es der Weinbranche und ihren Interessenvertretern im Parlament, diese Absatzförderung in der Coronakrise temporär von knapp drei auf neun Millionen Franken jährlich zu verdreifachen. Anfang Woche lehnte das Parlament die Rückkehr zum ursprünglich tieferen Förderbeitrag ab.

Der Druck insbesondere durch italienische Weine ist gross, wir müssen gleich lange Spiesse haben.
Autor: Martin Wiederkehr Präsident Branchenverband Deutschschweizer Weine

Die höheren Beiträge seien nötig, denn der Druck aus dem Ausland, besonders aus Italien, sei gross, sagt Martin Wiederkehr, Präsident des Branchenverbands Deutschschweizer Weine. So stecke etwa der italienische Staat jedes Jahr gegen 20 Millionen Euro allein in die Vermarktung der italienischen Weine in der Schweiz.

Gleich viel Geld für die Vermarktung des hiesigen Weins lautete entsprechend die Forderung im Parlament. Neun Millionen Franken dank Bundeshilfe, für den Rest will die Branche selbst aufkommen.

Weindegustation
Legende: Auf der Suche nach Sparpotenzial hat der Bundesrat auch den Schweizer Wein ins Visier genommen. Doch das Parlament wollte vorerst nicht am Förderbeitrag von jährlich neun Millionen Franken rütteln. Keystone/Urs Flüeler

Der Schweizer Wein sei eben nicht nur ein uraltes Kulturgut, sondern auch von wirtschaftlicher Bedeutung, betont Wiederkehr: «Gut funktionierende Rebbau-Betriebe sollten gefördert werden. Ganz klar nicht mit Zöllen gegen unsere europäischen Winzerkollegen, sondern mit Investitionen in den Markt.»

Sucht Schweiz: paradoxe Lage

Kein Verständnis für die Absatzförderung von Schweizer Wein hat Markus Meury, Mediensprecher der Stiftung Sucht Schweiz. Es sei paradox, wenn der Bund die Alkoholprävention unterstütze und gleichzeitig Weinförderung betreibe. Die Förderbeiträge kämen einem einzelnen Wirtschaftszweig zugute, schadeten aber der Allgemeinheit.

Die Signalwirkung ist fragwürdig, wenn so getan wird, als sei Alkohol kein Problem mehr – trotz fast 250'000 Alkoholabhängigen.
Autor: Markus Meury Sprecher Stiftung Sucht Schweiz

«Letztendlich müssen wir uns auch fragen, ob wir ein paar Weinbauern in der Schweiz Geld geben und die dadurch generierten Kosten für noch mehr Alkoholprobleme der Allgemeinheit aufbürden wollen», sagt Meury. Alkohol sei als Suchtfaktor nach wie vor sehr präsent in der Schweiz. Daher habe die Weinförderung eine fragwürdige Signalwirkung mit Blick auf die fast 250'000 Alkoholabhängigen in der Schweiz.

Der Branchenverband Deutschschweizer Weine setze sich für einen moderaten Alkoholkonsum ein, entgegnet Wiederkehr. Wein könne nicht einfach unter dem Gesichtspunkt der Alkoholprävention betrachtet werden: «Qualität und moderater Weinkonsum gehören ins kulturelle Leben der Schweiz.»

Info 3, 13.03.2024, 12:00

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