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Schweizer Weltraumtechnologie Thomas Zurbuchen: «Weltraum gehört leider zu künftigem Krieg»

Der Bundesrat will sich vom staatlichen Weltraumunternehmen Beyond Gravity mit 1300 Mitarbeitenden trennen. Es soll zu einem hohen Preis verkauft werden. Doch der Nationalrat hat die Verkaufspläne vorerst gestoppt. Dass Beyond Gravity in Schweizer Händen bleiben soll, freut auch einen der bekanntesten Wissenschaftler der Schweiz, den ehemaligen Nasa-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen.

Thomas Zurbuchen

Astrophysiker

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Der Astrophysiker hat als Forschungsleiter der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa rund 100 Missionen geleitet. Heute führt er an der ETH Zürich die Initiative Space.

SRF News: Welche Bedeutung hat der Raumfahrtbereich in der Schweiz?

Thomas Zurbuchen: Die Schweiz hat einen unglaublichen Ruf in der Raumfahrttechnik. Viele Instrumente der Raumfahrzeuge auf dem Mars kommen von den Hochschulen in Bern oder Zürich. Fast alle Motoren auf dem Mars oder Mond kommen aus der Schweiz. Wir sprechen zu wenig über die Firmen, die in diesem Bereich tätig sind. Und wir haben das Gefühl, diese Firmen werden noch wichtiger werden.

Welche Rolle müssten in der Schweiz Unternehmen wie «Beyond Gravity» in der Sicherheitspolitik spielen?

Jedes Land versucht, lokal eine Weltraumtechnologie zu haben. Sie wollen verstehen, was in der Diskussion, in der der Weltraum eine grosse Rolle spielt, passiert. Sie sagen, dass sie vielleicht Dinge kaufen müssen, aber sie wollen gewisse Dinge selber tun können. Jedes Land denkt so. Warum nicht auch die Schweiz?

Nationalrat lehnt Verkauf von «Beyond Gravity ab»

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Der Nationalrat will den Verkauf des Schweizer Raumfahrtunternehmens Beyond Gravity verhindern. Er hat am eine entsprechende Motion mit 121 zu 53 Stimmen angenommen. Die grosse Kammer fordert damit den Bundesrat auf, seinen Entscheid, «Beyond Gravity» zu verkaufen, zu überdenken. Der Vorstoss wurde durch die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (SIK-N) eingereicht.

Das Unternehmen zu verkaufen, sei ein «grosser strategischer Fehler», sagte Nationalrat Michael Götte (SVP/SG), Sprecher der Kommission. Weiter argumentierte die Kommission gestützt auf der «Weltraumpolitik 2023» des Bundes, dass der Verkauf des Unternehmens den Interessen des Landes und der vom Verteidigungsdepartement verfolgten Strategie widerspreche. Der Bund würde sich vom viertgrössten Akteur der europäischen Raumfahrtindustrie trennen und dadurch auf einen Hebel des industriellen Einflusses im Zusammenhang mit der Sicherheit verzichten, hiess es weiter. (sda)

 Was heisst das konkret für die Schweiz?

Der Weltraum muss Teil der Verteidigungsstrategie sein, genauso wie Flugzeuge. Es ist nicht etwas anderes. Es ist eine der Ebenen, wo Krieg passieren kann und von wo Angriffe kommen können.

Die Ukraine nutzt den Weltraum gut aus. In einer Art und Weise, welche die Russen überrascht hat.
Autor: Thomas Zurbuchen

Was kommt da auf uns zu? Werden künftige Kriege im Weltraum stattfinden?

Der Weltraum gehört zu jedem künftigen Krieg, leider. Und ehrlich gesagt tut mir das leid. Ich hatte immer gehofft, dass der Weltraum ein Ort ist, wo wir zusammen hingehen, um als Erde zusammen zu sein. Ich bin im Kalten Krieg aufgewachsen. Wir (der Westen und Russland, Anm. d. Red.) hatten uns im Weltraum gefunden. Wir haben zusammen die Weltraumstation gebaut. Leider ist das heute nicht mehr so. Wir wissen, dass Länder wie Russland und China Satelliten haben, die sie als Kanonen brauchen können.

Techniker arbeitet an einem Satelliten in einem Reinraumlabor.
Legende: Mitarbeiter von «Beyond Gravity» in Zürich bauen die neue Generation von Wettersatelliten (METOP). KEYSTONE/Gaetan Bally

Welche Bedeutung hat der Weltraum im Ukraine-Krieg?

Die Ukraine nutzt den Weltraum gut aus. In einer Art und Weise, welche die Russen überrascht hat. Die Ukrainer wissen dank kommerzieller Bilder aus dem Weltraum genau, wo die Panzer sind. Zweitens kommunizieren die Ukrainer über die privaten Star-Link-Satelliten. So können die Russen die Kommunikation der Ukrainer nicht stören. Über den Weltraum ist die Ukraine immer verbunden und kann auch Entscheidungswege abkürzen.

Das Gespräch führte Andy Müller.

SRF 4 News, 16.9.2024: 17 Uhr ; 

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