Wer charakterisieren will, was Corona ist, war lange auf Informationen aus China, Italien und den USA angewiesen, es blieb immer die Frage: Gelten die Erfahrungen von dort auch hier?
Jetzt legen die Kantonsspitäler Freiburg und Aarau zwei Studien vor, die zusammenfassen, wie die Krankheit bei den Patienten verlief, die in den Wochen der ersten Welle bei ihnen im Spital waren. In Freiburg waren das knapp 196, in Aarau 99.
Covid trifft nur die Alten?
Philipp Schütz hat die Studie am Kantonsspital Aarau geleitet. Ihn hat überrascht, wie schwer Corona krank macht – schwerer als die Grippe, mit längerem Spitalaufenthalt als bei anderen Lungenerkrankungen.
Und: «Ein wesentlicher Teil der schwer kranken Patienten mit schlechten Verläufen waren nicht alte Menschen etwa aus Pflegeheimen, wie man das vielleicht erwarten würde, sondern Patienten mittleren Alters.» Demnach waren die Patienten mit solch schweren Verläufen im Schnitt 67 Jahre alt, jeder vierte dieser Patienten war jedoch unter 56 Jahre alt, wie der Mediziner ausführt.
Wir haben gesehen, dass es auch Leute getroffen hat, die fit waren und voll im Leben standen – und nicht damit gerechnet haben, so schwer zu erkranken.
Heisst: Die schwer Erkrankten sind im Schnitt klar älter als der Durchschnittsschweizer oder die Durchschnittsschweizerin. Aber unter den Schwerkranken sind auch solche, die weder besonders alt waren, noch zu irgendeiner bekannten Risikogruppe gehörten. «Wir haben gesehen, dass es auch Leute getroffen hat, die fit waren und voll im Leben standen – und nicht damit gerechnet haben, so schwer zu erkranken.»
Für die Behandlung der kommenden Covid-Patienten ist ein anderes Ergebnis interessant: nämlich woran die Mediziner möglichst früh erkennen, ob ein Patient auf einen sehr schweren Verlauf zusteuert oder nicht. Auch hier waren nicht Alter oder Vorerkrankungen entscheidend, sondern ob und wie stark Lunge und andere Bereiche im Körper bereits entzündet waren.
Anteil Verstorbener gesunken
Die zweite neue Studie stammt vom Kantonsspital Freiburg, geleitet von Gaël Grandmaison. Vieles, was die Mediziner dort gefunden haben, gleiche dem, was Studien aus China, Italien, den USA zeigen, erklärt Grandmaison. Auffällig ist in den Daten, dass im Laufe dieser sechs Wochen der Anteil der Patienten sank, die im Spital starben.
Das kann am gewachsenen Wissen der Ärzte und Ärztinnen liegen, an mehr Erfahrung und Wissen über wirksame Therapien. Grandmaison betont aber einen anderen Grund: Dass mit der Zeit auch leichtere Fälle aufgenommen wurden, die man zu Beginn der ersten Welle noch abgelehnt hatte.
Fragen, die im März, April noch sehr, sehr offen war: Wie geht es den Patienten mittelfristig? Wie schnell kann man sie sicher entlassen? Hier beginnt die Studie aus Freiburg, die Lücke zu füllen. 30 Tage nach Symptombeginn waren fast 70 Prozent der Patienten zwar nach Hause entlassen worden, doch von diesen hatten deutlich mehr als die Hälfte noch Symptome, wie Atemnot oder Fatigue, eine starke Müdigkeit.
Die Ergebnisse dieser beiden Studien ähneln insgesamt denen aus den USA, China und Italien. Corona verläuft hier nicht grundsätzlich anders als anderswo. Das ist keine Überraschung. Aber es ist gut zu wissen, dass die hiesigen Spitäler die gemachten Erfahrungen auswerten.