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Session Blocher nennt Tschümperlin einen «Heuchler»

Nach dem Ja zur Zuwanderungsinitiative der SVP sind im Nationalrat viele Fragen aufgetaucht. Andy Tschümperlin von der SP fordert eine offene Diskussion – auch über einen EU-Beitritt. Christoph Blocher warb erneut für Kontingente.

Seit der Abstimmung vom 9. Februar beschäftigt die Politik die Frage, wie die SVP-Masseneinwanderungsinitiative umgesetzt werden könnte. Der Nationalrat führte nun eine dringliche Debatte zum Thema.

SP: Keine Denkverbote zum EU-Beitritt

Andy Tschümperlin (SP/SZ) waren zwei Punkte wichtig: «Erstens verlangen wir vom Bundesrat eine gesetzliche Vorlage, damit die Beziehung zur EU möglichst intakt bleibt.» Zudem solle der Bundesrat in einem Bericht aufzeigen, wie mögliche Wege mit der EU aussehen können. Und: Tschümperlin forderte eine offene Diskussion zum EU-Beitritt.

Blocher geht hart ins Gericht

Christoph Blocher (SVP/ZH) hatte für das Votum von Tschümperlin nicht viel übrig: «Herr Tschümperlin, Sie sind ein Heuchler von A bis Z.» Das seien alles nur schöne Worte. Das Volk habe beschlossen, was den andern Parteien nicht passe.

«Die Schweiz will keine Personenfreizügigkeit. Die Schweiz will die Zuwanderung selbst steuern. Es gibt kein einziges Land auf der Welt, das die Zuwanderung nicht selbst steuert.» Die EU habe eine Öffnung innerhalb ihrer Grenzen beschlossen, weil sie ein Land sein wolle.

Blocher weiter: «Und jetzt kommt die Gretchenfrage: Die Schweiz gehört nicht zur EU. Am 9. Februar hat das Volk gesagt, wir wollen die Selbständigkeit.» Die SVP habe sich mit ihrer Initiative an jenen Jahren orientiert, in denen die Schweiz die Zuwanderung über 30 Jahre lang mit Erfolg kontrolliert habe. «Das ist machbar. Ich bin Unternehmer. Wir haben die Leute immer bekommen.»

Als Königsweg stellte die SVP erneut das Kontingentsystem dar, das die Schweiz ab den 1970-er Jahren kannte. Das habe bestens funktionert, so Blocher.

Toni Brunner (SVP/SG) beklagte sich: «Wir sind in keiner Weise befriedigt, wie der Bundesrat an die Umsetzung herangeht.» Der Bundesrat habe im Nachgang an die Abstimmung alle Kreise angehört, nur die SVP nicht. «Die SVP durfte nur mit der Verwaltung zusammensitzen», so Brunner. Zudem forderte Brunner Sofortmassnahmen vom Bundesrat. «In den nächsten drei Jahren werden noch mehr Einwanderer kommen. Dazu müssen wir keine Hellseher sein.»

FDP versus SVP

FDP-Fraktionspräsidentin Gabi Huber wies Toni Brunner in die Schranken: «Nach einer Volksabstimmung beginnt der normale Umsetzungsprozess, es gibt dabei keine Sonderrechte für das Initiativkomitee.» Weiter sagte sie: «Die SVP droht schon zwei Wochen später mit einer Durchsetzungsinitiative.»

Den Zeitplan zur Umsetzung habe der Bundesrat schon kommuniziert. «Es wird uns nichts anderes übrig bleiben, das Konzept des Bundesrates abzuwarten», so Huber.

Grüne: Kroatien soll gleich behandelt werden

«Wir Grünen glauben, dass nicht jeder, der am 9. Februar Ja gesagt hat, fremdenfeindlich ist. Wir glauben, dass es eine Debatte braucht, welches Wirtschaftswachstum zu mehr Wohlstand beiträgt. Und wie dieser Wohlstand verteilt wird unter denjenigen, die ihn erarbeitet haben», sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).

Ebenfalls forderte Glättli, den Prozess der Ratifikation mit Kroation wieder in Gang zu setzen. «Dies widerspricht dem Volkswillen nicht, denn die Kontingente gelten für alle EU-Staaten.» Man müsse der EU klar machen, dass «wir eine schwierige Situation haben, dass wir sie gemeinsam mit der EU lösen und dass wir uns bewusst sind, dass kein einzelnes Land in der EU diskriminiert werden kann.»

Bundesrat zum Zeitrahmen

Verschiedene Parlamentarier aus allen Parteien fragten nach dem Fahrplan und der genauen Umsetzung der Initiative.

Bundesrätin Simonetta Sommaruga dazu: «Bis Ende Juni wird der Bundesrat ein Konzept zur Umsetzung der SVP-Initiative erarbeiten. Danach folgt bis Ende Jahr ein Gesetzesentwurf. Dieser geht dann in die Vernehmlassung. Erst nach der Vernehmlassung beginnt der parlamentarische Prozess. Der Bundesrat verspricht, so die von den Initianten geforderte dreijährige Frist zur Umsetzung einhalten zu können.»

Sommaruga weiter: «Das Konzept zur Umsetzung ist eine Voraussetzung, damit der Bundesrat mit der EU verhandeln kann. Bereits jetzt führt er exploratorische Gespräche mit der EU und ihren Mitgliedstaaten. Ziel ist, die Interessenlage beider Seiten zu klären.»

Zusätzliche Voten im Nationalrat

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