54 neu vereidigte Nationalrätinnen und Nationalräte feierten am Montag Premiere im Bundeshaus. Unter ihnen war einer, der gleich für eine doppelte Premiere sorgte: Der erste Auslandschweizer im Parlament, Tim Guldimann. Bis im Sommer war Guldimann Schweizer Botschafter in Berlin. Dort wohnt er immer noch und pendelt zwischen Berlin und Bern.
Unsere Innenpolitik ist zu stark auf unser Land selbst bezogen und nimmt zu wenig wahr, wie man uns von aussen sieht.
Und so macht sich Guldimann am Montagmorgen früh in Berlin-Schöneberg auf den Weg ins Bundeshaus. Fast 1000 Kilometer Arbeitsweg nimmt er auf sich, um 750‘000 Auslandschweizer zu vertreten. Europa, Flüchtlinge, Terror: Auf diese Themen will sich der ehemalige Schweizer Botschafter konzentrieren. «Es geht vor allem um die Sicht von aussen auf unser Land. Unsere Innenpolitik ist zu stark auf unser Land selbst bezogen und nimmt zu wenig wahr, wie man uns von aussen sieht», findet Guldimann.
Teuerster Parlamentarier
Kaum in Bern holt den ehemaligen Spitzendiplomaten Schweizer Mittelmass ein: Die «Weltwoche» rechnet vor, dass Guldimann der teuerste Parlamentarier ist. Seine Reisen zwischen Berlin und Bern würden die Schweizer Steuerzahler 25'000 Franken kosten. Guldimann selbst relativiert die Zahl. Er rechne mit etwa 25 Reisen in der Legislatur: «Bisher hat eine etwa 300 Franken gekostet.»
Bis vor kurzem war Guldimann Diplomat: In den 1990-er Jahren als OSZE-Vermittler in Tschetschenien, später als Botschafter in Iran und zuletzt in Deutschland.
Ich glaube nicht, dass es richtig ist zu sagen, bei 65 sind alle am Ende ihrer beruflichen Fähigkeiten.
Jetzt, mit 65 Jahren, will Guldimann als SP-Nationalrat noch einmal bei Null anfangen. Auf die Frage, warum er sich das antut, sagt er, dass Politik ihn immer interessiert habe. Und: «Ich erachte mich als fähig, dieses Amt wahrzunehmen.» Das hänge auch damit zusammen, dass er für eine Flexibilisierung des Rentenalters eintrete. «Ich glaube nicht, dass es richtig ist zu sagen, bei 65 sind alle am Ende ihrer beruflichen Fähigkeiten», sagt Guldimann.
Auf das diplomatische folgt nun das politische Parkett. Zuhören und lernen will «Internationalrat» Guldimann, wie er sich selber nennt, als erstes.