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Session «Inländervorrang light»: Wie der Zickzack-Kurs der CVP ankommt

In dieser Session will der Nationalrat Nägel mit Köpfen bei der Zuwanderungsinitiative machen. Vieles deutete auf einen sanften Kurs gegenüber Brüssel hin – doch jetzt schert CVP-Präsident Gerhard Pfister aus und will der EU die Zähne zeigen. Reaktionen aus der Wandelhalle.

«Inländervorrang light» auf der Kippe: Die CVP, die sich in der nationalrätlichen Kommission geschlossen für die sanfte Variante ausgesprochen hat, rückt wieder davon ab. Die Fraktion sprach sich gestern plötzlich für eine schärfere Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative aus. Und will, dass der Bundesrat auch ohne Einwilligung Brüssels Massnahmen ergreifen kann.

Die Kurskorrektur sei nicht etwa auf Druck der Basis oder aus Opportunismus erfolgt, sondern sei eine politische Entscheidung erklärt CVP-Präsident Gerhard Pfister.

Video
CVP-Präsident Pfister zum Richtungswechsel
Aus News-Clip vom 14.09.2016.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 11 Sekunden.

Es sei wichtig, dass die Schweizer die Vorlage umsetzten ohne dauernd auf die EU zu schauen, so Pfister. Zudem gehe man damit nicht auf Konfrontationskurs mit der EU. Die Vorschläge kämen von der Wirtschaft und diese habe das grösste Interesse an den Bilateralen. Druck von der Basis für eine Verschärfung habe es nicht gegeben, so Pfister.

Des Weiteren sei es noch überhaupt nicht klar, ob diese eine Mehrheit fänden. «Insofern geht es darum, dass man die richtigen Ideen vorschlägt und diskutiert und das Parlament soll dann entscheiden.»

Hier einige Reaktionen aus der Wandelhalle auf den neuen Kurs der CVP:

«Gerhard Pfister betreibt eine Windfahnenpolitik»

Sibel Arslan
Legende: Sibel Arslan Nationalrätin (Grüne/BS) und Mitglied der Aussenpolitischen Kommission. Keystone

«Es ist schwierig mit einer Partei zusammenzuarbeiten, wenn ihr Präsident (Gerhard Pfister, Anm. d. Red.) jede zweite Woche die Meinung ändert. Das ist alles andere als eine nachhaltige Politik. Herr Pfister bezeichnet sich als Politiker mit Ecken und Kanten. Jetzt betreibt er eine Windfahnen-Politik. Das ist enttäuschend. Die Kommissionssitzungen sind da, um differenziert und nachhaltig nach Lösungen zu suchen. Selbstverständlich kann man seine Meinung ändern. Aber wenn eine Bundesratspartei bei so einer zentralen Frage nach stundenlangen Kommissionssitzungen ihre Meinung ändert, ist das sehr befremdlich.»

«Der ‹Inländervorrang Light› ist ein Placebo»

Jacqueline Badran
Legende: Jacqueline Badran Nationalrätin (SP/ZH) und Unternehmerin. Keystone

«Persönlich finde ich, dass man den Inländervorrang verschärfen müsste – was die Staatspolitische Kommission plant, ist ein Placebo. In gewissen Branchen bräuchte es wohl zwingende Meldungen an die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV); wenn die Unternehmen keinen Inländer für die betreffende Stelle gefunden haben, müssten sie dies nachweisen können. Damit könnten hier lebende Arbeitskräfte nicht so einfach durch billigere Arbeitskräfte aus dem Ausland ersetzt werden. Lohndumping kann so wirksam bekämpft werden. Der Schutz der Löhne ist ein zentrales Anliegen von uns Sozialdemokraten.»

«Das ist ein Spiel mit dem Feuer»

Duri Campell
Legende: Duri Campell Nationalrat (BDP/GR) und Mitglied der Staatspolitischen Kommission. Keystone

«Wir müssen jetzt – leider Gottes – unter Zeitdruck einen Entscheid fassen. Für uns ist wichtig, dass die Bilateralen und das Freizügigkeitsabkommen nicht verletzt werden. Dass jetzt auf einmal eine Partei ausscheren will, überrascht mich. In der Staatspolitischen Kommission wurde gekämpft, aber am Schluss votierten die CVP-Mitglieder für den ‹Inländervorrang Light›. Es geht um eine derart heikle Frage: Verletzen wird das Freizügigkeitsabkommen – ja oder nein? Taktieren, auch Differenzen zu schaffen, gehört zum politischen Geschäft. Aber ich staune teilweise, wie mit unserem wichtigsten Wirtschaftspartner, der EU, umgegangen wird. Jeder Unternehmer bemüht sich um ein gut abgesichertes Verhältnis zu seinem wichtigsten Abnehmer. Wir spielen mit dem Feuer.»

«Die CVP ist planlos»

Christian Wasserfallen
Legende: Christian Wasserfallen Nationalrat (FDP/BE) und Vize-Präsident FDP. Keystone

«Das ist ein Anflug von Opportunismus. Immer dort, wo sich Mehrheiten abzeichnen, stimmt die CVP einfach zu. Warten wir also ab. Wenn man in der Kommission keine Mehrheit erreicht, kann man immer noch einen Minderheitsantrag einreichen. Darauf verzichtete die Partei, jetzt reicht sie entsprechende Anträge im Parlament ein. So etwas habe ich noch nie erlebt. Einmal mehr zeigt sich, wie weit die Positionen innerhalb der CVP auseinandergehen: Die Parteilinke weiss nicht, was die Parteirechte macht. Das ist Planlosigkeit. Wir dagegen haben den Inländervorrang über Monate mit entwickelt, er ist aus unseren Reihen entsprungen. Wir sehen darin eine Lösung, die konform mit der Personenfreizügigkeit ist und den Arbeitskräften im Inland etwas bringt. In unserer Fraktion wurde der Inländervorrang auch glasklar unterstützt.»

«Am Schluss haben wir trotzdem ein Null-Resultat»

Luzi Stamm
Legende: Luzi Stamm Nationalrat (SVP/ZH) und Mitglied der Aussenpolitischen Kommission. Keystone

«Es ist zum Verzweifeln: Sobald es konkret wird, höre ich von den anderen Parteien nie ein Bekenntnis zu Höchstzahlen oder einem echten Inländervorrang. Ein echter Inländervorrang würde bedeuten, dass bei mehreren Bewerbern für eine Stelle zwingend der Schweizer genommen werden muss (respektive derjenige, der bereits hier wohnt) – und nicht der Ausländer bzw. Neuzuzüger. In der Vergangenheit haben die CVP und FDP, wenn es um die konkrete Formulierung eines solchen Passus‘ ging, immer einen Rückzieher gemacht. In beiden Parteien finden grosse Flügelkämpfe statt, das erleben wir jetzt auch bei der CVP. Ich hoffe zwar, dass uns die Parteien bis Ende der Session entgegenkommen. Nach aller Erfahrung bin ich aber leider pessimistisch: Ich rechne damit, dass wir am Schluss das gleiche Null-Resultat haben werden wie nach den Kommissionssitzungen (also den «Inländervorrang Light», Anm. d. Red.)»

Die Gespräche führte Manuel Imhasly

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