Zum Inhalt springen

Sessionsrückblick Das Parlament setzt vermehrt wieder eigene Akzente

Mehrheitsmacherin war die Mitte. Sie verhalf in den Räten dazu, dass auch Kontrapunkte zum Bundesrat gesetzt wurden.

Zuletzt sorgten die Kredite für die neuen Impfdosen für Aufregung. Das Parlament bewilligte nur halb so viele Dosen, wie der Bundesrat ursprünglich wollte. Damit kann der Bund nur je 3.5 Millionen zusätzliche Impfstoffdosen von Moderna und Pfizer/Biontech fürs Jahr 2023 beschaffen. Damit sind die Impfstoffverträge hinfällig, der Bund muss neu verhandeln.

Auch sonst setzte sich das Parlament in einigen Dossiers gegen den Bundesrat durch und schlug eigene Pflöcke ein. Etwa beim Embargogesetz: Die Schweiz soll künftig wieder selbst Sanktionen erlassen können. Heute kann die Schweiz bloss Sanktionen übernehmen; in der Vergangenheit hat sie sich meistens der EU angeschlossen.

Nationalrat macht Druck

Gegen den Bundesrat entschied der Nationalrat auch, als er sich für einen höheren Kohäsionsbeitrag für die EU aussprach. Der Nationalrat will, dass der Bundesrat so schnell wie möglich eine Lösung findet, damit die Schweiz wieder beim Forschungsprogramm «Horizon Europe» dabei ist.

Und auch bei der Revision der beruflichen Vorsorge schwenkte der Ständerat nicht auf die Linie des Bundesrats ein. Zwar schickte der Ständerat das Geschäft nochmals zurück in die Kommission. Klar ist aber schon jetzt, dass Stände- und Nationalrat die Übergangsgenerationen nicht so grosszügig entschädigen wollen wie der Bundesrat.

Mitte-Partei bestimmte

Die Gewinnerin der Session ist die Mitte, die mal mit der rechten, mal mit der linken Ratshälfte paktiert hat. Etwa beim Armeebudget stimmte die Mitte mit FDP und SVP: Je nach Schätzung soll der Armee-Etat bis 2030 gegen neun Milliarden Franken betragen, rund drei Milliarden mehr als heute.

Hingegen unterstützte die Mitte beim Gegenvorschlag zur «Prämien-Entlastungsinitiative» die Linken: Bund und Kantone sollen die Krankenkassenprämien mit über zwei Milliarden Franken zusätzlich verbilligen.

Die eigene «Kostenbremse-Initiative» konnte die Mitte zwar dem Nationalrat nicht beliebt machen. Dem Gegenvorschlag verhalf sie aber zum Durchbruch. Hier stimmte sie mit der SP und den Grünen gegen SVP, FDP und GLP: Kosten- und Qualitäts­ziele im Gesundheitswesen sollen gesetzlich verankert werden.

Krisen hinter sich gelassen

Auch beim indirekten Gegenvorschlag zur «Gletscher-Initiative» reihte sich die Mitte in die Mehrheit ein: Der Nationalrat will über zehn Jahre 3.2 Milliarden aus der Bundeskasse in den Klimaschutz stecken und das Netto-Null-Ziel bis 2050 sowie die Zwischenziele im Gesetz verankern. 

In der Pandemie vollzog das Parlament oft die Entscheide vom Bundesrat nach. Auch am Anfang des Ukraine-Kriegs erschien das Parlament blass. In dieser Session nahm nun das Parlament das Heft wieder in die Hand. Es arbeitete wieder an den drängenden Fragen wie der Klimakrise und der Rentenreform. Andere Krisen dominierten nicht mehr so sehr wie in den vergangenen Sessionen.

SRF 1, Tagesschau, 16.06.2022, 19:30 Uhr

Meistgelesene Artikel