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Sexarbeit in der Schweiz «Freier können ein Teil der Lösung des Problems sein»

Es brauche bessere Regulierungen für Sexarbeit, sagt Christina Bachmann-Roth von den Mitte-Frauen.

Politikerinnen aus der Mitte wollen strengere Regeln für den Kauf von sexuellen Dienstleistungen einführen. Unter anderem soll es eine Kondompflicht geben und Bordelle sollen künftig stärker kontrolliert werden. Christina Bachmann-Roth ist Präsidentin der Mitte-Frauen Schweiz und erklärt, warum sie in einem Positionspapier diese Forderung erheben.

Christina Bachmann-Roth

Präsidentin der Mitte-Frauen

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Christina Bachmann-Roth ist seit 2021 Präsidentin der Mitte-Frauen. Seit 2022 leitet sie die Fraktion der Mitte im Stadtparlament der Stadt Lenzburg. 2019 wurde sie in den Einwohnerrat von Lenzburg gewählt.

SRF News: Warum sind Sie der Meinung, dass es strengere Gesetze braucht?

Christina Bachmann-Roth: Wir wissen, dass viele Menschen in der Prostitution unter Gewalt leiden. Wir wissen auch, dass viele diese Arbeit nicht freiwillig ausüben, sondern aus sozialer oder ökonomischer Abhängigkeit in dieses Gebiet reinrutschen und gerne aussteigen möchten. Dies ist oft schwierig, gerade wegen vieler Unklarheiten bezüglich des Aufenthaltsstatus. Vielfach können sie die Sprache nicht genügend und darum muss uns allen bewusst sein, dass wir diese Menschen besser schützen müssen. Das kann man vor allem, wenn man besser reguliert.

Vordergrund: Ein Stoppschild, Hintergrund eine junge Frau mit kurzem Rock, die in ein Auto einsteigt
Legende: Die Mitte-Frauen wollen Prostituierte besser schützen. Keystone/Jean-Christophe Bott

Die Rede ist etwa von einer Kondompflicht und einer Meldepflicht, wenn Freier Menschenhandel vermuten. Was versprechen Sie sich davon?

Einen grösseren Schutz für Frauen und Männer in der Prostitution. Diese Menschen sind sich oft ihrer Rechte weniger bewusst. Auch Freier sollten mehr Verantwortung übernehmen müssen. Es ist so, dass Menschenhandel und Gewalt in diesen Milieus häufiger vorkommen können. Es ist für die Polizei wichtig, dass Menschen, die von der Prostitution profitieren, wissen, dass sie ein Teil der Lösung dieser Probleme sein können.

Wir müssen aufhören, so zu tun, als ob Prostitution eine ganz normale Arbeit wäre.

Es gibt auch die Meinung, Sexarbeit sei eine legitime Arbeit und durch strengere Regulierungen dränge man Sexarbeiterinnen in die Illegalität. Was sagen Sie dazu?

Ich setze mich für Prostituierte ein, die unfreiwillig in der Prostitution arbeiten, aus sozialen oder auch ökonomischen Abhängigkeiten, nicht für die, die es freiwillig tun. Es kann sein, dass es einige gibt, die es freiwillig tun. Das ist aber eine Minderheit. Trotzdem finde ich, wir müssen aufhören, so zu tun, als ob Prostitution eine ganz normale Arbeit wäre. Doch Entstigmatisierung reicht nicht zum Schutz vor Ausbeutung und Gewalt.

In der Prostitution sind es oft Frauen, die am Schluss am meisten leiden, rundherum profitieren alle anderen

Sind Sie für ein Verbot von Sexkauf, wie es in gewissen skandinavischen Ländern und in Frankreich umgesetzt wurde?

Der Vergleich mit den skandinavischen Ländern ist schwierig, weil sie anders funktionieren. Wir wissen einiges davon, aber noch nicht viel. Ich tendiere dazu, dass wir einen Schweizer Weg gehen und diesen Markt stärker regulieren sollten. In der Prostitution sind es oft Frauen, die am Schluss am meisten leiden, rundherum profitieren alle anderen. Wir müssen sicherstellen, dass es nicht so ist. Vielleicht gelingt uns das, ohne das Gewerbe vollständig zu verbieten. Es gilt es nun zu klären, ob die Gesetzesvorstösse, die wir geplant haben, ausreichen.
                

Ein Kondom in einer aufgerissenen Packung
Legende: Die Mitte-Frauen fordern eine Kondompflicht für Freier in der Schweiz. Keystone/Ann-Marie Utz

Um Ihre Forderungen umzusetzen, müsste ein neues Gesetz geschaffen werden. Allenfalls ist auch eine Initiative und eine entsprechende Verfassungsänderung nötig. Wie gross ist der Rückhalt für Ihre Forderungen in der Politik?

Das Parlament hat klar eine Motion für das nordische Modell abgelehnt. Wir möchten den parlamentarischen Weg gehen und die Gesetze verbessern, wo das geht. Es braucht die Debatte und dann allenfalls ein nationales Prostitutionsgesetz.

Das Gespräch führte Marc Allemann.

SRF 4 News, 27.5.2025, 06:10 Uhr ; 

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