- Künftig erhalten nicht mehr alle Ukrainerinnen und Ukrainer den Schutzstatus S.
- Der Bundesrat muss einen Auftrag des Parlaments umsetzen. Er orientiert sich dabei an Norwegen.
- Norwegen hat die Ukraine eingeteilt in sichere und unsichere Gebiete.
Noch spielt es keine Rolle, aus welcher Region eine Ukrainerin oder ein Ukrainer stammt. Doch das ändert sich. Denn im Dezember hat das Parlament entschieden: Schutz erhalten nur noch Menschen, die ihren letzten Wohnsitz in ganz oder teilweise russisch besetzten Gebieten oder aber in Regionen mit «mehr oder weniger intensiven» Kampfhandlungen hatten.
Norwegen hat Ukraine in «sicher» und «unsicher» aufgeteilt
Doch wie lässt sich das umsetzen? Der Bundesrat wird darüber in Kürze entscheiden, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) bestätigt. Dem Vernehmen nach werden sich die Bundesbehörden bei der konkreten Umsetzung an Norwegen anlehnen.
Das skandinavische Land hat Ende letzten Jahres die Ukraine in sichere und unsichere Regionen eingeteilt. Als sicher gelten für Norwegen der Westen und Gebiete im Zentrum der Ukraine.
Die Schweiz dürfte diese Einteilung übernehmen – lediglich im Umkreis der Stadt Kiew könnte es Änderungen geben. Norwegen stuft bloss das Stadtgebiet als unsicher ein, die Schweiz könnte ein grösseres Gebiet als unsicher bezeichnen.
Applaus von der SVP
Die Beschränkung nach Herkunftsregion hatte im Parlament ursprünglich die SVP verlangt. Mit der Umsetzung gemäss dem norwegischen Modell ist der Asylverantwortliche der SVP, Pascal Schmid, einverstanden: Die Stossrichtung stimme, sagt der Nationalrat: «Ich verstehe aber nicht, weshalb der Bundesrat die dringend nötige Beschränkung auf wirklich Schutzbedürftige nicht längst umgesetzt hat.»
Allerdings zeigt das Beispiel Norwegens, dass die Beschränkungen nicht zwingend zu weniger Flüchtlingen führen. In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres nahm die Zahl der Schutzgesuche in der Schweiz stärker ab als in Norwegen (siehe Box).
Ein Drittel der Flüchtlinge stammt aus «sicheren» Gebieten
Doch wie wird sich die Einteilung der Ukraine in sichere und unsichere Gebiete auswirken? Einen Anhaltspunkt liefern Daten zu Flüchtlingen, die bereits in der Schweiz sind. Seit Juli 2022 erfasst das SEM deren Herkunftsregion.
Wohlgemerkt: Wer schon hier ist, ist nicht betroffen – die Einschränkungen gelten nur für neu Ankommende. Dennoch lassen sich aus den Daten Schlüsse ziehen: Rund ein Drittel der Flüchtlinge ab Juli 2022, die immer noch in der Schweiz sind, kam aus Regionen, die künftig als sicher eingestuft werden könnten.
Flüchtlingshilfe übt grundsätzliche Kritik
Eine Kritikerin der Beschränkungen ist die Schweizerische Flüchtlingshilfe. Die Nichtregierungsorganisation hält die Aufteilung der Ukraine in sichere und unsichere Regionen wegen der ständig ändernden Sicherheitslage für nicht umsetzbar. Die Flüchtlingshilfe kritisiert auch die künftige Ungleichbehandlung von Neuankömmlingen und Flüchtlingen, die schon länger in der Schweiz sind.
Offen ist, was geschieht, wenn Ukrainerinnen und Ukrainer aus sicheren Gebieten in der Schweiz statt eines Gesuchs um Schutzstatus S ein normales Asylgesuch einreichen würden. Falls ihr Gesuch abgelehnt wird, müssten die Behörden oder in letzter Instanz das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob eine Rückkehr möglich ist. Falls nicht, würden die Betroffenen eine vorläufige Aufnahme erhalten – und könnten trotzdem bleiben.