Das Gerät sieht aus wie ein Fitness-Tracker fürs Handgelenk, es ist grau und unauffällig. Doch mit dieser Unauffälligkeit ist es vorbei, sobald es sich länger als 15 Sekunden einen halben Meter unter der Wasseroberfläche befindet und keine Bewegung mehr registriert: Dann nämlich löst es einen Piepston von 90 Dezibel aus und beginnt rot zu blinken.
Für Patrick Taradjan, Chef-Bademeister im Schwimmbad Rotkreuz mit bis zu 600 Gästen, gibt es dann keine Sekunde zu verlieren. «Der Alarmton sagt mir, dass im Becken etwas los ist, und dank des Blinkens erkenne ich schnell, welche Schwimmerin oder welcher Schwimmer in Not ist», sagt er.
Armbänder mit Sensoren im Becken verbunden
Die Zuger Gemeinde Risch-Rotkreuz hat dieses Alarmsystem seit diesem Sommer in ihrer Badi im Einsatz, als erstes Freibad in der Schweiz. Es soll mithelfen, Unfälle zu verhindern wie jener Ende Juni, als im nahe gelegenen Freibad von Baar ein 4-jähriges Mädchen starb. Es war unbemerkt ins Schwimmerbecken gelangt und trieb bereits reglos im Wasser, als es bemerkt wurde.
Mit den Armbänder soll so etwas nicht passieren können: Via Ultraschallwellen senden sie ein Signal an neun Sensoren, die im Schwimmbecken installiert sind. Registrieren diese keine Bewegung mehr, schlagen sie Alarm.
Insgesamt 100 Notfallarmbänder stellt die Badi Rotkreuz ihren Gästen kostenlos zur Verfügung. Das Tragen der Bänder ist freiwillig, das Angebot richtet sich in erster Linie an Kinder, vor allem bei Schulausflügen.
Neben Kindern gehören auch Senioren zur Zielgruppe
Aber auch ältere Menschen sollen das Armband nutzen. «Wir haben hier über 70- oder gar über 80-jährige Badegäste, die regelmässig zum Schwimmen kommen», sagt Bademeister Patrick Taradjan. «Ein Schwächeanfall im Wasser ist immer möglich, daher sind die Armbänder auch bei Senioren sinnvoll.»
Ein Schwächeanfall im Wasser ist immer möglich, daher sind die Armbänder auch bei Senioren sinnvoll.
Risch-Rotkreuz liess das System im Rahmen einer Gesamtsanierung des Freibads für rund 70'000 Franken installieren. Die Kosten dürften mit ein Grund sein, weshalb die Notfallarmbänder zwar in vielen Hallenbädern bereits zum Standard gehören, bei den Freibädern aber erst in der Badi Rotkreuz zur Anwendung kommen: Hallenbäder können das ganze Jahr über genutzt werden, Freibäder dagegen sind nur wenige Monate geöffnet – die Investition fällt für die Betreibergmeinden entsprechend höher ins Gewicht.
«Armbänder ersetzen keine Bademeister»
Die Verantwortlichen der Badi Rotkreuz wollen im Herbst Bilanz ziehen über den Einsatz der Notfallarmbänder. Gut möglich, dass aufs kommende Jahr zusätzliche Geräte bestellt würden, heisst es bei der Gemeinde.
Michel Kunz würde das begrüssen. Er ist Präsident des Schweizerischen Badmeister-Verbands und hat die Armbänder vor einigen Jahren im Hallenbad der Berner Vorortsgemeinde Bolligen getestet, im Auftrag der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU. «Die Notfallarmbänder sind ein sinnvolles zusätzliches Sicherheitselement in Badis, gerade wenn es bei vielen Leuten in einem Becken schwierig ist, die Übersicht zu behalten», sagt er.
Die Geräte funktionierten zuverlässig und seien einfach in der Handhabung. Allerdings sei es wichtig, sie regelmässig aufzuladen und die Verschlüsse zu kontrollieren.
Und, sagt Kunz: Die Armbänder seien kein Ersatz für Bademeisterinnen und Bademeister. «Sie erleichtern ihnen die Arbeit, aber sie retten niemanden aus dem Wasser. Das muss weiterhin ein Mensch tun.»