Bundesrat Martin Pfister, Vorsteher des Verteidigungsdepartements VBS, hat in Brüssel Vertreterinnen und Vertreter der EU und der Nato getroffen. Er wollte sich ein Bild davon machen, wie die EU-Staaten militärisch aufrüsten wollen – und die Dynamik hat ihn überrascht, sagt er im Interview.
SRF News: Bundesrat Pfister, welcher Eindruck bleibt Ihnen nach den Gesprächen in Brüssel bei der EU und der Nato?
Martin Pfister: Alle europäischen Staaten erhöhen ihre Verteidigungsausgaben substanziell und intensivieren ihre Kooperationen. Die Gespräche am Rande der europäischen Konferenz zur Sicherheit und Verteidigung haben mir eindrücklich gezeigt, wie dynamisch sich Europa sicherheitspolitisch entwickelt. Und auch, wie wichtig es ist, dass die Schweiz diesen Prozess aktiv beobachtet und versteht und, wo sinnvoll, die Zusammenarbeit weiterentwickelt.
Welche Erwartungen haben die Vertreter der EU und der Nato an die Schweiz?
Die Erwartung ist einfach, dass die Schweiz zur Kenntnis nimmt, wie sich die Realitäten in Europa verändert haben. Und dass wir als europäisches Land unseren Beitrag für die Sicherheit in Europa leisten. In diesem Sinne gilt es, in einem ständigen Austausch zu bleiben, damit wir die Herausforderungen gemeinsam angehen, zum Beispiel bei der Desinformation oder bei der hybriden Kriegsführung.
Es ist eindrücklich, wie dynamisch sich Europa sicherheitspolitisch entwickelt.
Soll die Schweiz als Drittstaat mit der EU ein Partnerschaftsabkommen für Sicherheit und Verteidigung abschliessen, damit Schweizer Unternehmen an EU-Aufrüstungsprogrammen teilnehmen können?
Es gibt einen Auftrag des Parlaments an den Bundesrat, dies zu prüfen. Ich kann den Entscheid des Bundesrats nicht vorwegnehmen. Aber wir haben bereits darüber gesprochen, ob ein solches Abkommen möglich ist. Wir wollen in dieser Frage rasch entscheiden können.
Abgesehen von der Schweiz haben fast alle anderen Staaten in Europa, die nicht EU-Mitglieder sind, ein solches Abkommen abgeschlossen. Kann es sich die Schweiz leisten, abseits zu stehen?
Wir haben in der Schweiz bereits erste Entscheidungen getroffen, die in die richtige Richtung gehen, etwa die Erhöhung des Verteidigungsbudgets bis 2032. Aber es ist tatsächlich beeindruckend, mit welcher Entschlossenheit die europäischen Länder nun ihre Verteidigungsfähigkeit ausbauen.
Gemeinsame Herausforderungen sind zum Beispiel Desinformation oder hybride Kriegsführung.
Auch Länder, die, was deren finanzielle Möglichkeiten und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anbelangt, nicht alle vergleichbar sind mit der Schweiz, um es vorsichtig auszudrücken. Ich bin beeindruckt, mit welcher Zielstrebigkeit vorgegangen wird und welche finanziellen Mittel für die Aufrüstung zur Verfügung gestellt werden.
Das Gespräch führte Charles Liebherr.