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Sicherheitskonzepte Darum wurde durch den Gotthard ein Zweiröhrentunnel gebaut

Heinz Ehrbar war einer der Planer des Gotthard-Basistunnels. Der Zweiröhrentunnel war ein richtiger Entscheid für ihn.

Schadensbegrenzung: Dass der Basistunnel zwei unabhängige Röhren hat, begrenzt den Schaden stark. Wenn dieser Unfall in einem alten Doppelspurtunnel mit Gegenverkehr passiert wäre, hätte es zu ganz anderen Auswirkungen kommen können, sagt Heinz Ehrbar. Ehrbar ist einer der Ingenieure, die den Gotthard-Basistunnel geplant haben. «Man sieht – obwohl der Schaden gross ist –, dass man die richtige und eine sichere Infrastruktur gebaut hat.»

Der Tunnelbauingenieur Heinz Ehrbar
Legende: Heinz Ehrbar (im Vordergrund), Tunnelbauingenieur, war an der Planung und der Realisierung des Gotthard-Basistunnels beteiligt. Keystone/ ARNO BALZARINI

Warum ein Tunnel mit zwei Röhren? Andere Bahntunnel, zum Beispiel in Japan, haben drei Tunnelröhren. Ehrbar sagt: «Begonnen hat alles in den 70er-Jahren mit dem Projekt, bei dem man einen 47 Kilometer langen Doppelspurtunnel mit einem Diensttunnel nebendran bauen wollte.» Als die Neat-Tunnel in den 90ern politisch machbar wurden, habe man Spezialistengremien zusammengesetzt, um zu eruieren, welches die beste Bauweise für den langen Alpentunnel sei. «Man ist auf ein Zweiröhrensystem gekommen, obwohl sich der Eisenbahnerverband damals vehement für ein Dreiröhrensystem eingesetzt hat.»

Warum kein Tunnel mit drei Röhren? «Das war im damaligen politischen Umfeld schlichtweg nicht finanzierbar, obwohl ein Dreiröhrensystem durchaus auch Vorteile hat», sagt der Ingenieur. Das Zweiröhrensystem kam aufgrund einer Nutzwertanalyse heraus, in der man den Betrieb mit den Kosten und den Terminen und die Sicherheit bewertet hat. Das hat dazu geführt, dass man eine Lösung gewählt hat, die nicht die grössten baulichen Massnahmen gebraucht hat. Die Sicherheitskriterien waren auch mit zwei Röhren erfüllt.

Mit dem heutigen Kenntnisstand über die Betriebskosten und den gesamten Lebenszyklus wäre es möglich, dass man zum Schluss käme, drei Röhren zu bauen.
Autor: Heinz Ehrbar Tunnelbauingenieur

Ein Beispiel für einen Tunnel mit drei Röhren: Der Euro-Tunnel unter dem Ärmelkanal besteht aus drei Röhren. Nach dem ersten Brand unter dem Ärmelkanal hätten sich die Betreiber bei ihm gemeldet und ihm gesagt, am Gotthard habe man es richtig gemacht mit zwei Röhren, erzählt Ehrbar. Ein Dreiröhrensystem sei auch schwierig zu betreiben.

Würde man wieder einen zweiröhrigen Tunnel bauen? Ehrbar sagt dazu: «Ich habe diese Frage zusammen mit Kollegen von AlpTransit Gotthard untersucht. Mit dem heutigen Kenntnisstand über die Betriebskosten und den gesamten Lebenszyklus wäre es möglich, dass man zum Schluss käme, drei Röhren zu bauen.» Die Frage wäre allerdings, ob man es bezahlen könnte. Am Brenner-Basistunnel werden zurzeit drei Röhren gebaut, die dritte wird von der EU finanziert. Allerdings würde diese Art dritte Röhre bei einem solchen Ereignis, wie es im Gotthard eingetreten ist, nichts nützen, denn es ist nur ein Erkundungstunnel.

SRF 4 News, 18.08.2023, 06:46 Uhr ; 

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