Zum Inhalt springen

Skandalöse Äusserung vor WM Umgang mit Homosexuellen: Katar erneut in Kritik – und die Fifa

Eine menschenverachtende Äusserung eines WM-Botschafters befeuert die Debatte über das Fussballturnier. Interessengruppen fordern von der Fifa eine klare Haltung zur LGBT-Community.

Der offizielle katarische WM-Botschafter und frühere Fussball-Nationalspieler Khalid Salman hat mit einer schwulenfeindlichen Aussage für Empörung gesorgt. In einer TV-Dokumentation des ZDF über das Austragungsland der WM bezeichnete er vor laufender Kamera Homosexualität als «geistigen Schaden». Daraufhin schritt ein Pressesprecher des WM-Organisationskomitees ein und brach das Interview ab.

Die Äusserung Salmans stösst beim Pressesprecher des Schweizerischen Fussballverbandes (SFV) auf Unverständnis. «Diese Aussagen sind inakzeptabel. Sie sind verletzend. Sie sind despektierlich. Sie sind schlicht unwürdig», sagt der Mediensprecher des SFV, Adrian Arnold, gegenüber SRF News. Er betont, dass sich der SFV für gleiche Rechte für alle Menschen einsetze, unabhängig von der politischen, der religiösen oder der sexuellen Ausrichtung.

Auch der Präsident des Deutschen Fussball-Bundes Bern Neuendorf verurteilte die Aussage des katarischen WM-Botschafters scharf. Im Interview mit der «Bild-Zeitung» forderte er eine Reaktion der Fifa. Zur Aussage des WM-Botschafters äussert sich die Fifa auf Anfrage von SRF News nicht. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber SRF News schreibt die Fifa, dass das Austragungsland Katar bestrebt sei, eine sichere und gastfreundliche Fussball-WM für alle, auch für Angehörige der LGBTIQ+-Community, durchzuführen. «Diskriminierung jeglicher Art aufgrund der sexuellen Identität ist streng verboten.» Die Fifa und Katar würden dafür eine Reihe von Massnahmen einführen.

Protest vor Fifa-Museum

Der Schweizer Dachverband der schwulen und bisexuellen Männer, Pink Cross, fordert vom internationalen Fussballverband, dass er in Katar genauer hinschaue. Darum haben Pink Cross und weitere LBGTI-Organisationen am Dienstagmittag zum Protest vor dem Fifa-Museum in Zürich aufgerufen. Rund 50 Menschen haben wegen der Situation der LGBT-Community im WM-Land Katar demonstriert.

«LGBT-Personen in Katar werden weiterhin verfolgt, gefoltert, diskriminiert – und die Fifa schaut einfach weg», sagt Pink-Cross-Geschäftsleiter Roman Heggli. Er fordert, dass die Fifa ihren Einfluss nutzt und erwirkt, dass Katar LGBT-Personen nicht mehr kriminalisiert und verfolgt.

Alessandra Widmer von der Lesbenorganisation Schweiz (LOS) kritisiert die Sicherheitssituation in Katar für LGBT-Personen, welche die WM besuchen wollen. «Wir können nicht davon ausgehen, dass die Fifa die Sicherheit von LGBT-Personen gewährleisten kann. Wir wissen vor allem von queeren Menschen in Katar, dass diese massiven Verfolgungen ausgesetzt sind, dass sie ins Gefängnis gesteckt werden, dass sie Gewalt erleben oder dass sie zwangstherapiert werden.» Es sei unklar, wie sich das genau auf die Situation von Besuchenden der WM auswirken wird. «Aber es ist definitiv ein gefährliches Land für offen-lebende Queers», so Widmer.

Katari fordert Zeichen der Fifa gegen Kriminalisierung

Box aufklappen Box zuklappen
Ein Mann hält seine bemalte Hand in die Kamera. Darauf steht «Love is not a criminal!»
Legende: Nas Mohamed setzt sich für die Rechte der LGBT-Community in Katar ein. Instagram/dr._nass

Es könne nicht sein, dass die Fifa die falsche Botschaft verbreite, dass schwule Fans an der Fussball-WM willkommen seien, kritisiert Nas Mohamed. Er ist der erste Mann aus Katar, der seine Homosexualität öffentlich gemacht hat, und setzt sich für die Rechte der LGBT-Community in seinem Herkunftsland ein.

«Ich bin in Katar aufgewachsen und habe meine medizinische Ausbildung in den USA gemacht», sagt Mohamed. Weil er als homosexuelle Person die Verfolgung durch den Staat fürchtet, hat er 2011 politisches Asyl beantragt und lebt nun in San Francisco.

«Die LGBT-Community in Katar wird diskriminiert und verfolgt», berichtet der Katari. «Sie sind Opfer von Konversionstherapien und werden von Sicherheitsbehörden verhaftet und misshandelt.»

Tagesschau, 08.11.2022, 19:30 Uhr

Meistgelesene Artikel