Andermatt klingt englisch in diesen Tagen. Das ist die auffälligste Veränderung, seit Vail Resorts das Skigebiet im Sommer 2022 übernommen hat. «Wir durften in den letzten zwei Wintern vermehrt amerikanische Gäste bedienen», sagt Urs Portmann. Der Inhaber des Sportgeschäfts Meyer’s Sporthaus geschäftet seit fast 30 Jahren in Andermatt. Mit rund 13'000 Übernachtungen hat sich der nordamerikanische Markt 2023 im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt.
Angst vor Verdrängung lokaler Geschäfte
Die kritischen Stimmen sind leiser geworden in Andermatt, sie sind allerdings noch nicht verstummt. Viele bleiben vorsichtig. Vail Resorts ist bekannt dafür, in den Skiorten nicht nur die Bergbahnen, sondern auch ein breites Gastronomieangebot, Hotels, Sportgeschäfte und Skischulen zu betreiben und damit einheimische Geschäfte zu konkurrieren. In Andermatt besitzt die Firma neben den Bergbahnen ein Sportgeschäft, eine Skischule und 9 Restaurants. Verdrängt Vail mit diesem Geschäftsmodell einheimische Betriebe?
Bisher gebe es noch Platz für alle, sagt Urs Portmann. «Klar will Vail Resorts die Gäste in ihr eigenes Sportgeschäft holen, aber wir profitieren auch.» Denn das Unternehmen bringt nicht nur zusätzliche Gäste, sondern investiert auch: 110 Millionen will Vail Resorts für die Verbesserung von Beschneiungsanlagen, Gastronomie und Berginfrastruktur ausgeben.
Dies schätzt auch Eric Zeller, der in Andermatt seit ein paar Jahren eine kleinere Skischule betreibt. Der Jungunternehmer sagt, er profitiere vom Aufschwung und der Professionalisierung des Skigebiets. Dennoch bleibt eine gewisse Skepsis: «Hier wurde sehr viel Geld investiert. Irgendwann möchte Vail dieses Geld zurückhaben. Werden die Stellschrauben so angezogen, dass kleinere Unternehmen vom Wettbewerb verdrängt werden?»
Der Chef am Berg in Andermatt ist der Amerikaner Mike Goar. Im Moment plane er nicht, weitere Restaurants oder Geschäfte zu übernehmen, sagt er. «Das überlegen wir uns höchstens, wenn Geschäfte zum Verkauf stehen.» Momentan sei er sehr zufrieden mit dem heutigen Mix aus lokalen Geschäften.
Keine Ticketpreise oder Arbeitsbedingungen wie in den USA
Auch bei den Ticketpreisen sind die Befürchtungen bisher nicht eingetroffen. In den USA gibt es für knapp 1000 Dollar das Jahresabo Epic Pass. Dafür bezahlen Gäste für eine Tageskarte bis zu 250 oder gar 300 Dollar. Im Skigebiet Andermatt-Oberalp-Sedrun kostet ein Tagesticket diese Saison 89 Franken – zwar eine der teureren Tageskarten in der Schweiz, in den letzten zwei Jahren haben sich die Ticketpreise allerdings nicht markant erhöht.
Fragen stellen sich auch dem Personal. Als Mike Goar die Geschäfte in Park City leitete, drohten Angestellte mit Streik, weil sie mit Löhnen und Arbeitsbedingungen nicht zufrieden waren. Mike Goar, der mit ihnen verhandelte, sagt dazu: «Vail Resorts hat die Löhne und Arbeitsbedingungen in Park City und in anderen Resorts mehrfach verbessert. Wir haben uns immer bemüht, ein sehr guter Arbeitgeber zu sein und werden dies auch in Zukunft tun.»
In Andermatt zeigen sich Angestellte, mit denen SRF gesprochen hat, bisher zufrieden mit Vail Resorts als Arbeitgeber. Auch Mike Goar hat einen guten Ruf. Er höre den Einheimischen zu. Die Stimmung in Andermatt nach zwei Wintern unter Vail Resorts ist vorsichtig positiv. Die Frage, die sich viele Einheimische stellen, ist: Bleibt das so?