Zum Inhalt springen

US-Geldgeber für Andermatt Warum kein Ausverkauf der Schweizer Berge droht

Beaver Creek in den USA, Whistler Blackcomb in Kanada und die Skiarena Andermatt-Sedrun in der Schweiz haben eines gemeinsam: Sie werden bald allesamt dem US-Unternehmen Vail Resorts gehören.

Andermatt-Sedrun Sport AG: Sawiris behält 40 Prozent

Box aufklappen Box zuklappen

Der weltweit grösste Skigebietsbetreiber Vail Resorts mit Hauptsitz in Colorado, USA, hat am Montag angekündigt, rund CHF 149 Millionen in die Andermatt-Sedrun Sport AG zu investieren. Damit gehören dem US-Skiriesen künftig 55 Prozent des Unternehmens. Samih Sawiris, Mehrheitseigentümer und Verwaltungsratspräsident der Andermatt Swiss Alps AG, hält weiterhin 40 Prozent an der Andermatt-Sedrun Sport AG.

40 Skiresorts in den USA, in Kanada und Australien listet der Konzern bereits. Die 180 Pistenkilometer auf Urner und Bündner Boden ebnen Vail Resorts nun erstmals den Zugang zum europäischen Skimarkt. Noch vor Beginn der nächsten Wintersaison soll das Geschäft mit der Andermatt-Sedrun Sport AG in trockenen Tüchern sein.

US-Investor in Skigebiet ist ein Novum

Ein amerikanisches Unternehmen dieser Liga, das in ein Schweizer Skigebiet investiert: Das sei ein Novum, sagt Urs Wagenseil, Co-Leiter des Instituts für Tourismus an der Hochschule Luzern.

Ausländische Geldgeber für hiesige Wintersportorte dagegen gibt es bereits einige: Nebst Andermatt haben auch in Crans-Montana, Saas-Fee und Savognin internationale Investoren und Betreibergesellschaften das Sagen.

Droht jetzt über kurz oder lang ein Ausverkauf der Berge? Nein, sagen hiesige Experten unisono. Die Gründe dafür: vielschichtig. «Der ausländische Investor kann den Berg zwar kaufen, aber er kann ihn nicht mitnehmen», sagt etwa Hans Wicki, Präsident vom Branchenverband Seilbahnen Schweiz, und betont: «Rund 90 Prozent der Schweizer Skigebiete sind noch immer in Schweizer Hand.»

Schneesport sei ein «kostenintensives» Geschäft – werfe das Skigebiet alleine wirtschaftlich zu wenig ab, brauche es Geld aus anderen Quellen.

Rund 90 Prozent der Schweizer Skigebiete sind noch immer in Schweizer Hand.
Autor: Hans Wicki Präsident Seilbahnen Schweiz

Investitionen ausländischer Geldgeber seien willkommen, solange ein seriöses Unternehmen dahinterstehe, sagt Wicki. Natürlich sähe auch er es lieber, wenn bloss Schweizer Geldgeber in hiesige Skigebiete investieren würden. «Aber wenn sie nicht da sind, sind sie nicht da.»

Besitzverhältnisse erschweren Übernahme

Dass bislang nur wenige Schweizer Skigebiete in ausländischer Hand sind, ist laut Marcus Roller, Co-Leiter der Forschungsstelle Tourismus an der Universität Bern, auch den Besitzverhältnissen geschuldet. Zum einen seien in vielen Skigebieten Familienunternehmen am Hebel, zum anderen würden sich auch relativ häufig Gemeinden daran beteiligen. «Sind die Bergbahnen im Besitz der öffentlichen Hand, wird eine Übernahme auch immer ein Politikum und ist entsprechend schwierig durchsetzbar.»

Andermatt sei diesbezüglich in mehrerer Hinsicht ein Spezialfall: Schon vor der nun publik gemachten Übernahme durch Vail Resorts habe das Skigebiet einem internationalen Konsortium gehört. Der ägyptische Investor Samih Sawiris habe quasi auf der grünen Wiese etwas Neues aufbauen können, nachdem sich das Militär aus dem Urner Bergdorf zurückgezogen hatte.

In Andermatt kann man das Komplettpaket vermarkten.
Autor: Marcus Roller Co-Leiter Forschungsstelle Tourismus

Hier seien Skigebiet, Hotellerie und Gastronomie unter dem Dach eines Unternehmens vereint – und dies sei für ausländische Investoren interessant, sagt Roller. Denn: «Man kann das Komplettpaket vermarkten.» Auch wenn sich die Bergbahn alleine nicht rechne, werfe das Gesamtunternehmen dann eben doch Rendite ab.

Das Beispiel Andermatt sei in der Schweiz aber noch relativ selten, viele Infrastrukturen in Wintersportorten seien im Streubesitz. «Wenn ich also ein Ressort aufbauen will, müsste ich zuerst relativ viele einzelne Firmen aufkaufen», sagt Roller. Dies sei mit einem grossen Aufwand verbunden. Der Spezialfall Andermatt dürfte daher so schnell keine Nachahmer finden.

Was Vail Resorts in Andermatt-Sedrun plant

Box aufklappen Box zuklappen

149 Millionen Franken will Vail Resorts in der Schweiz investieren: 110 Millionen davon sollen dabei an die Andermatt-Sedrun Sport AG gehen und unter anderem in Lifte, Beschneiungsanlagen und Gastroangebote in der Skiarena fliessen. Die restlichen 39 Millionen zahlt Vail Resorts an die Andermatt Swiss Alps AG, das Geld soll unter anderem in Immobilien, Hotels und Infrastruktur in Andermatt und Sedrun fliessen.

Vail Resorts will mit der Übernahme des Skigebiets auch vermehrt internationale Gäste auf die Urner und Bündner Pisten bringen. Es sei vorgesehen, die Skiarena in den Epic-Skipass aufzunehmen, sagte Finanzchef Michael Barkin. Der Epic-Pass ist – je nach Ausführung – das Eintrittsticket zu allen Vail-Skiresorts weltweit.

Tagesschau, 28.03.2022, 12:45 Uhr

Meistgelesene Artikel