Wer im Bundeshaus politisiert, muss bekannt geben, wenn er oder sie nebenbei zum Beispiel ein Verwaltungsratsmandat innehat. Das Stimmvolk soll Klarheit darüber haben, welche Interessen einen Entscheid allenfalls beeinflusst haben.
Je höher die Entschädigung ist, desto höher ist potenziell die ökonomische Abhängigkeit davon.
Heute wurde diskutiert, ob Parlamentarierinnen und Parlamentarier auch bekannt geben müssen, wann sie eine Aufgabe übernommen haben, ob vor oder nach der Wahl. Und ob sie die ungefähre Höhe der Entschädigung angeben sollen, die sie dafür allenfalls erhalten. Dies notabene neben den Bezügen von über 120'000 Franken, die ein Ständerat pro Jahr erhält. Für Grünen-Ständerat Mathias Zopfi ist klar: «Je höher die Entschädigung ist, desto höher ist potenziell die ökonomische Abhängigkeit davon.»
Wenn Sie ein Milizparlament haben, müssen Sie damit leben, dass die Leute Nebeneinkünfte haben.
Eine Mehrheit von FDP, SVP und einem Teil der Mitte im Ständerat wollte heute allerdings nichts von den neuen Regeln wissen. Und auch SP-Ständerat Daniel Jositsch erklärte: «Wenn Sie ein Milizparlament haben, müssen Sie damit leben, dass die Leute Nebeneinkünfte haben.» Und auch gewählte Parlamentarier hätten ein Recht auf eine gewisse Privatsphäre, auch finanziell, so Jositsch. Was der Nebenverdienst finanziell hergebe, geht niemanden etwas an, so die Logik.
Kein Zusammenhang
Unterstützung hatte die Forderung nach Transparenz in der Linken, mit Ausnahme von Jositsch. Die Mitte war gespalten. Daniel Fässler etwa kritisierte die vorgeschlagene Regel, weil sie einen Zusammenhang herstelle, wo gar keiner sei: «Sie geht davon aus, dass, wer ein Mandat hat, in diesem Bereich auch eine politische Interessenbindung hat. Ich glaube nicht, dass das generell so festgestellt werden kann.» Und er nehme nicht an, dass er nicht mehr gewählt würde, wenn die Wählerschaft wüsste, mit welchen Aufgaben er neben der Politik wie viel verdiene. Offenlegen wollte er die Entschädigungen aber nicht.
Man kann die Thematik bis zum Exzess betreiben, wenn man will. Ich selber finde es in diesem Fall unverhältnismässig
Auch Benjamin Mühlemann von der FDP kritisierte die vorgeschlagenen Regeln: Zu viel Bürokratie verursachten diese. «Man kann die Thematik bis zum Exzess betreiben, wenn man will. Ich selber finde es in diesem Fall unverhältnismässig.»
«Verpasste Chance»
Eine recht knappe Mehrheit des Ständerats folgte ihm heute. Der Vorschlag geht zurück auf die ehemalige grüne Ständerätin und heutige Präsidentin der Grünen Schweiz, Lisa Mazzone. Sie sagte nach der Debatte: «Ich bin enttäuscht, weil ich finde, dass es für das Parlament eine verpasste Chance ist, um Vertrauen gegenüber der Bevölkerung zu schaffen.»
Das Parlament hatte immer Mühe, sich selber Regeln zu setzen.
Ganz unerwartet allerdings kam der heutige Entscheid nicht. Noch vor den Wahlen im vergangenen Herbst hatte die zuständige Ständeratskommission dem Anliegen zwar zugestimmt. Nach den Wahlen aber, in neuer Zusammensetzung, ist sie auf diesen Entscheid zurückgekommen.
Kein Thema mehr
Mazzone sagt auch: «Das Parlament hatte immer Mühe, sich selber Regeln zu setzen und das ist einmal mehr ein Beweis dafür.» Tatsächlich geht die letzte grosse Anpassung in Sachen Transparenz auf eine Volksinitiative zurück. Seit letztem Jahr müssen deshalb die Budgets von Wahl- und Abstimmungskämpfen offengelegt werden. Im Parlament waren solchen Anliegen zuvor chancenlos.
Auch andere Vorstösse, mit denen die Einflussnahme auf das Parlament mit Nebenerwerben hätte eingeschränkt werden sollen, wurden zuletzt abgelehnt. So auch die diskutierten Regeln zur Lohntransparenz bei Nebenerwerben: Sie sind nach dem Nein des Ständerats erst einmal vom Tisch.