Die Parteien legen ihre Karten auf den Tisch: FDP, GLP und BDP unterstützen das Rahmenabkommen mit EU. Die SVP sagt Nein. Derweil ringt die SP um eine Position. Ihre Haltung: Rahmenabkommen ja, aber nur mit einem starken Lohnschutz. Fraktionschef Roger Nordmann sieht den Bundesrat und die «konstruktiven Parteien» in der Pflicht.
SRF News: Herr Nordmann, Rahmenabkommen Ja oder Nein?
Roger Nordmann: Ohne starken Lohnschutz hat das Rahmenabkommen in einer Volksabstimmung keine Chance. Die SVP-Wählerschaft ist ohnehin dagegen. Eine Mehrheit ist nur möglich, wenn der Lohnschutz gewährleistet ist. Der Bundesrat muss liefern. Das hat er noch nicht.
Die EU will mit der neuen Entsenderichtlinie den Lohnschutz verstärken. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Sie bezeichnen sich ja als Europa-freundlich. Warum misstrauen Sie hier der EU?
Es ist ein erfreulich, dass die EU quasi das Schweizer Konzept der flankierenden Massnahmen übernommen hat. Aber: Ungarn und Polen haben die Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten. Man weiss also nicht, ob sie tatsächlich gelten wird.
Wir wollen, dass wir am Ende hinter dem Rahmenabkommen stehen können, weil es den Lohnschutz gewährleistet.
Zudem stellt sich die Frage, was der EuGH in Sachen Lohnschutz akzeptieren wird. Wir brauchen Garantien, weil wir ein Land mit hohem Lohn und hohen Lebenskosten sind. Wenn die Löhne unter Druck geraten, bekommen die Menschen ein Budgetproblem.
Hätten Sie sich denn stärker einbringen müssen, damit der Lohnschutz gewährleistet ist?
Bislang hat der Bundesrat lediglich einen Text von etwa 30 Seiten zum Rahmenabkommen vorgelegt. Bei den Bilateralen Abkommen mit der EU hat er eine ganze Botschaft gebracht. Wir scheuen kein Gespräch. Es braucht aber eine Gesetzesgrundlage, damit man diskutieren kann.
Die SP und die Gewerkschaften sind nicht genau das Gleiche.
Jetzt findet im luftleeren Raum eine Vernehmlassung statt. Deswegen üben wir Druck aus. Wir wollen, dass wir am Ende hinter dem Rahmenabkommen stehen können, weil es den Lohnschutz gewährleistet.
Sie verweigern sich nicht dem Gespräch? Die Gewerkschaften haben das aber getan.
Die SP und die Gewerkschaften sind nicht genau das Gleiche. Als SP halten wir das Anliegen der Gewerkschaften – den Lohnschutz – aber für absolut richtig. Es braucht Fleissarbeit, bis das erreicht ist.
Von aussen hat man den Eindruck: Die Gewerkschaften diktieren der SP die Position.
Überhaupt nicht. Wir sind uns aber bewusst, dass sich eine Volksabstimmung nur gewinnen lässt, wenn auch die Gewerkschaften hinter dem Abkommen stehen .
Zeigt die Kritik der von Chantal Galladé oder SP-Ständerat Daniel Jositsch nicht, dass die SP den Draht zu ihrer Basis verliert?
Von Chantal Galladé habe ich nie ein Wort über Europa gehört, in den 14 Jahren, in denen ich mit ihr im Nationalrat gewesen bin. Dass sie wegen Europa zur GLP geht, finde ich ein bisschen komisch. Denn die Partei gefährdet gerade die nächste europapolitische Abstimmung, nämlich die AHV-Steuervorlage. Wenn diese abgelehnt wird, landet die Schweiz auf der Schwarzen Liste der Steuersünder. Das würde zu einer Totalblockade der Wirtschaftspolitik führen.
Die SP mutet ihrer Basis einiges zu: etwa Corrado Pardini in der «Arena», Seite an Seite mit Christoph Blocher, vereint im Kampf gegen das Rahmenabkommen.
Ich fand den Auftritt misslungen. Grundsätzlich haben wir ganz andere Ziele als die SVP. Wir wollen ein Rahmenabkommen und den Lohnschutz. Es braucht jetzt Vorschläge des Bundesrates und Gespräche zwischen den konstruktiven Parteien – FDP, CVP und SP – um eine Lösung zu finden. Wie es bei der Steuervorlage geschehen ist.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.