Die meisten Schulkinder in der Schweiz geniessen im Moment entspanntere Zeiten als üblich: Sie sind entweder noch in den Osterferien oder rauschen bald ab in die Frühlingsferien.
Bei der bald 14-jährigen Hanna ist das anders – ihr Unterricht findet normal statt. Doch statt sich darüber zu ärgern, sagt sie ohne zu zögern: «Ich finde die Schule gut – denn manchmal ist es hier drin so richtig langweilig.»
Schule ist Ablenkung von Schmerz und Langeweile
Hier drin: Das ist das Luzerner Kinderspital. Vor rund einem Monat wurde Hanna eingeliefert nach einem Hundebiss, ihre rechte Hand kann sie bis heute nicht richtig bewegen. Sie habe Schmerzen, sagt sie, doch die Ärzte wüssten nicht recht weiter.
Die junge Patientin ist sichtlich froh darum, dass es hier Schulunterricht gibt – und mit ihm etwas Abwechslung. Der Unterricht startet jeden Morgen um 9 Uhr und dauert zwei Stunden.
Es gibt ein Schulzimmer und einen Atelierraum für freies, kreatives Arbeiten. Drei Lehrpersonen betreuen in den beiden Räumen bis zu 20 Kinder, von Kindergärtnern bis zu Oberstufenschülerinnen. Sie trudeln nach dem Frühstück ein, mit eingegipstem Arm oder Kopfverband, wenn es nicht anders geht, auch im Rollstuhl oder im Spitalbett.
«Diese Kinder zu unterrichten, verlangt den Lehrpersonen einiges an Flexibilität ab», sagt Aline Kiser. Sie ist Leiterin der Patientenschule des Kinderspitals Luzern, wie die Schule offiziell heisst.
In grösseren Kliniken wie etwa dem Berner Inselspital oder dem Zürcher Universitätsspital sind die Lehrerinnen und Lehrer nur für gewisse Abteilungen zuständig – in Luzern dagegen unterrichten sie sämtliche Kinder, egal ob sie wegen einer Blinddarmoperation, einer chronischen Krankheit oder eines psychischen Problems hier sind.
Kinder sollen Anschluss an Schulstoff nicht verpassen
«Unsere Leute müssen sich spontan auf neue Situationen einstellen können», sagt Kiser. «Sie brauchen auch Erfahrung auf allen Schulstufen – es kann sein, dass sie zuerst Französisch unterrichten, und eine Stunde später dann eine Idee haben müssen, was man nun basteln könnte.»
Unsere Leute müssen sich spontan auf neue Situationen einstellen können.
Doch wie wichtig ist Schulunterricht im Spital überhaupt? «Manche Leute sagen: Lasst doch die Kinder erst mal richtig gesund werden – doch das ist zu kurzfristig gedacht», sagt Spitalschulleiterin Kiser. Denn manche Kinder seien mehrere Wochen oder gar Monate im Spital. «Da ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass sie den Anschluss an den Schulstoff nicht verlieren.»
Und das klappe in der Spitalschule gut, auch wenn es hier weniger Lektionen seien und sie unter speziellen Bedingungen stattfänden, sagt Kiser: «Die Lehrpersonen der Spitalschule holen bei den regulären Lehrerinnen und Lehrern der Kinder den aktuellen Stand des Unterrichts ein und können ihn soweit fortführen, dass keine grossen Lücken enstehen.»
Spitalschule sorgt für Struktur – und eine Spur Alltag
Doch wichtig an der Spitalschule sei auch eine andere Komponente: «Der Unterricht gibt den Kindern eine Spur Alltag zurück, ein bisschen Normalität in einem Umfeld, das sehr von Krankheit geprägt ist.»
Das spürt auch eine Mutter, deren Tochter wegen einer chronischen Darmentzündung zum wiederholten Mal im Kinderspital Luzern ist. «Sie ist nicht gerne hier, es macht sie traurig. Der Unterricht aber ist das Highlight des Tages – da wird ihre Laune gleich besser.»