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Lebensrettende Impfung, und niemand will zahlen
Aus Espresso vom 07.03.2019. Bild: Colourbox
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Spritze für 2000 Franken Lebensrettende Impfung, und niemand will zahlen

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Berner Familie kämpft ums Leben ihres Sohnes. Krankenkasse und IV verweigern dem 20 Monate alten Buben eine wichtige Impfung.
  • Wegen einem Geburtsgebrechen wäre das Kleinkind auf den Impfschutz angewiesen.
  • Die Verantwortlichen von Kasse und IV verstecken sich hinter bürokratischen Richtlinien.

Der mittlerweile 20 Monate alte Bub der Familie Graf kam mit einem seltenen Geburtsgebrechen zur Welt: Eine Verengung im Zugang zur Lunge. Das Fatale daran: Eine Infektion kann für das Kind lebensgefährlich werden. Es kann den Schleim praktisch nicht abhusten und hat dann zu wenig Sauerstoff.

Im Winter nicht mehr aus dem Haus

Insgesamt zehn Monate war das Kleinkind zusammengezählt schon im Spital. Eine Operation könnte zwar helfen, doch die Risiken sind laut den verantwortlichen Ärzten am Inselspital Bern noch zu gross. Zudem besteht die Chance, dass sich das Geburtsgebrechen auswächst.

Eine Spritze kostet 2000 Franken

Für die Ärzte ist deshalb klar: Von November bis Februar muss das Kind monatlich gegen gefährliche Erreger geimpft werden. Mit Synagis, einer Impfung, die pro Spritze knapp 2000 Franken kostet.

Ein Jahr lang zahlt die Krankenkasse Visana klaglos, dann kommt zum Jahresende der Brief: Fürs neue Jahr könne man keine Kostengutsprache mehr erteilen.

Nur für Kinder unter einem Jahr

Und auch die IV, bei der der Bub mit dem Geburtsgebrechen angemeldet ist, blockt ab. Beide verstecken sich hinter den gleichen Paragrafen. Die Synagis-Impfung ist zwar auf der Spezialitätenliste des Bundesamtes für Gesundheit BAG, muss also übernommen werden, doch es gibt Einschränkungen: Die Impfung wird unter anderem nur für Kinder unter einem Jahr bezahlt.

Für Familie Graf eine Katastrophe. Das Geld für die Januar-Impfung haben sie nun aus dem eigenen Sack bezahlt. Doch wie lange die Familie die monatlichen 2000 Franken noch aufbringen kann, ist offen.

Scheitern an bürokratischen Richtlinien

Philipp Latzin, Professor und Leiter der Abteilung Kinderlungenerkrankungen am Inselspital Bern, hat kein Verständnis für den Entscheid. Es sei in Ordnung, gewisse Leistungen kritisch zu hinterfragen. «In manchen Fällen führt das aber zu einem Verstecken hinter bürokratischen Richtlinien, die im Einzelfall nicht sinnvoll sind.»

Und noch während Inselspital und das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» mit Kasse und IV über den Fall verhandeln, passiert es: Der Bub kommt auf die Intensivstation. Er war wegen dem bürokratischen Hin- und Her nicht geimpft und hat sich mit dem gefährlichen RSV-Virus angesteckt.

Weitere Fälle

Mittlerweile geht es dem Kind besser, doch für Philipp Latzin zeigt es die Absurdität des Entscheids: Krankenkasse und IV haben sich das Geld für die Impfung zwar gespart, aber damit ein Vielfaches an Spitalkosten generiert. Und am Inselspital Bern ist derzeit noch ein anderes Kind mit den gleichen Problemen in Behandlung.

Doch die IV bleibt hart. Richtlinie sei Richtlinie, heisst es beim zuständigen Bundesamt für Sozialversicherungen. Schlussendlich kommt die Krankenkasse Visana doch noch zur Vernunft. Sie schreibt, man wolle die nächsten beiden Impfungen «aus Kulanz» übernehmen.

Für Grafs eine gute Nachricht. Aber wenn sich am Gebrechen des Sohns nichts bessert, steht die Familie spätestens im November wieder vor dem gleichen Problem. «Was im nächsten Winter ist, wissen wir nicht.»

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