Zum Inhalt springen

SRF-Community Kampfjets: «Der Bundesrat liess politisches Feingefühl fehlen»

Es bleibe ihnen nichts anderes übrig: Das «Stopp F-35»-Komitee zieht seine Initiative zurück, nachdem der Bundesrat die Kampfjets nun bereits gekauft hat. Wie bewertet die SRF-Community dieses Vorgehen?

Die Schweiz bekommt neue F-35-Militärjets aus den USA – ohne weiteren Volksentscheid. Das «Stopp F-35»-Komitee zieht die Initiative zurück. Dies, weil eine Abstimmung nach der Vertragsunterzeichnung eine demokratische Farce wäre, sagt Mitinitiantin Priska Seiler Graf (SP) zu SRF . Kampfjet-Befürwortende wie Werner Salzmann (SVP) begrüssen den Rückzug der Initiative und erwähnen dabei den Ukrainekrieg und sicherheitspolitische Gründe. War die Kampfjet-Beschaffung bedenklich oder ist es richtig, dass der Souverän hier nicht das letzte Wort hatte? Diese Fragen haben die SRF-Community stark beschäftigt.

«Fehlendes Feingefühl vom Bundesrat»

Felix Meyer aus der SRF-Community findet gut, dass die Initiative zurückgezogen wurde. Auch hat sich für ihn betreffend direkte Demokratie nichts geändert.

Solche Situationen müssen aushaltbar sein. Ich hoffe nur für die Parteien, dass das eine Lehre war und sie diese nicht so schnell wieder vergessen.
Autor: Felix Meyer SRF-User

Ähnlich sieht das User Max Wyss: «Das Geschäft wurde technisch und juristisch korrekt abgeschlossen. Aber VBS und Bundesrat lassen politisches Feingefühl fehlen.»

Klare Worte findet User Hermann Bühler, der das Vorgehen als rechtspolitisch «sehr fragwürdig» bewertet:

Bern wäre gut beraten gewesen, die Abstimmung rasch durchzuführen, die Ablehnung wäre sicher gewesen und dieser unselige Präzedenzfall wäre vermieden worden. Dies war eine unwürdige Trickserei.
Autor: Hermann Bühler SRF-User

SRF-User Urs Bänziger ergänzt, dass dieser Präzedenzfall bereits bei den Covid-Abstimmungen geschaffen wurde. «Bei weiterem Eingehen auf Dringlichkeiten könnte es tatsächlich zum Erliegen unseres Schweizer Demokratiemodells kommen.»

«Die Initiative war undemokratisch»

Einige Mitglieder der SRF-Community, wie etwa Beat Degen, sind aber mehr vom Initiativkomitee als vom Parlament enttäuscht: «Eine Volksabstimmung zu diesem, uns von der Weltmacht USA abhängig machenden Kampfflugzeug, hätte ich mir trotz Entscheid des Parlaments gewünscht.»

Eine Chronologie der Kampfjet-Beschaffung

Box aufklappen Box zuklappen

Mai 2014
Volksabstimmung zu schwedischen Flugzeugen
Schweizer Stimmvolk lehnt in einer Abstimmung die Beschaffung von 22 Flugzeugen des schwedischen Typs Gripen E ab.

24. Februar 2016
Neuer Anlauf des VBS zur Kampfjet Beschaffung
Das Verteidigungsdepartement VBS nimmt offiziell einen neuen Anlauf für die Beschaffung eines neuen Kampfjets als Ersatz für die F/A-18- und die F-5 Tiger-Flotte.

8. November 2017
Das Programm «Air 2030»
Der Bundesrat beschliesst das Programm «Air 2030», was zusammen mit neuen Kampfflugzeugen auch ein neues System für die bodengestützte Luftverteidigung enthält.

9. März 2018
Unterbreitung eines «Planungsbeschlusses»
Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament im Grundsatz, die Beschaffung der neuen Kampfjets in Form eines «Planungsbeschlusses», gegen den das Referendum ergriffen werden kann. Über das Programm soll das Parlament und Volk die Möglichkeit haben abzustimmen.

25. Januar 2019
Offerten von fünf Anbietern
Fünf vom VBS angefragte Anbieter unterbreiten dem Bundesamt für Rüstung Armasuisse ihre Offerten.

26. Juni 2019
Überweisung der Botschaft für einen Planungsbeschluss
Der Bundesrat überweist die Botschaft für den angekündigten Planungsbeschluss ans Parlament. Er legt fest, dass für die neuen Kampfjets maximal sechs Milliarden Franken (Stand Januar 2018) ausgegeben werden dürfen. Die neuen Jets sollen bis spätestens Ende 2030 im Einsatz sein.

27. September 2020
Volksabstimmung neue Kampfjets
Das Volk stimmt über die Beschaffung neuer Kampfjets ab. Nachdem ein Referendum gegen den Planungsbeschluss zustande gekommen ist. Mit einem hauchdünnen Vorsprung von 8515 Ja-Stimmen kommt die Kampfjet-Beschaffung durch.

30. Juni 2021
Bundesratsbeschluss Kauf von 36 Kampfflugzeuge des Typs F-35A
Der Bundesrat beschliesst, 36 Kampfflugzeuge des Typs F-35A beim Hersteller Lockheed Martin zu kaufen, da er in der Evaluation klar am besten abgeschnitten habe.

31. August 2021
Volksinitiative «Stop F-35»
Ein Komitee aus GSoA, SP und Grünen lanciert die Volksinitiative «Stop F-35». Sie will es dem Bund bis zum 1. Januar 2040 verbieten, Kampfjets des Typs F-35 zu kaufen.

15. September 2022
Grünes Licht für Bundesrat zur Unterzeichnung des Kaufvertrages
Nach dem Ständerat gibt der Nationalrat dem Bundesrat grünes Licht zur Unterzeichnung des Kaufvertrags für den neuen Kampfjet F-35 mit den USA bis am 31. März 2023 gegeben.

19. September 2022
Komitee zieht Initiative gegen Kampfjet-Kauf zurück
Die Bürgerlichen freuen sich, dass der Vertrag unterzeichnet ist, doch die Gegnerinnen und Gegner sind enttäuscht und handeln.

2027 – 2030
Auslieferung der Kampfflugzeuge

2030 bis mindestens 2060
Nutzung der neuen Kampfflugzeuge F-35A
…und des Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite Patriot.

Und User Albert Baumberger erinnert:

Hat nicht das Volk einmal abgestimmt und entschieden, dass der Typenentscheid nicht beim Volk liegen soll? Ich habe das Gefühl, dass das Komitee den Volksentscheid nicht akzeptieren wollte, und das ist undemokratisch.
Autor: Albert Baumberger SRF-User

SRF-Userin Cynthia Meister findet, dass das Komitee die Initiative bereits früher hätte zurückziehen sollen: «Sie haben halt zu hoch gepokert, die Initiative nicht frühestmöglich deponiert, sondern in letzter Minute, in der Hoffnung, den normalen Ablauf des politischen Prozesses zu umgehen. Zumindest ersparen sie uns nun die Kosten, die Initiative zur Abstimmung zu bringen, wo sie abgelehnt worden wäre.»

Auch Dorothee Meili denkt, dass die Initiative sowieso abgelehnt worden wäre. Aber:

Ich hätte gerne die Abstimmung gehabt, sodass der Souverän, also wir alle, eine wuchtige Ablehnung, also Zustimmung zu diesem Geschäft hätten einfahren können.
Autor: Dorothee Meili SRF-Userin

Das Hin und Her bei der Kampfjet-Beschaffung erklärt sich Communitymitglied Ueli von Känel dadurch, dass Bern keine klare politische Linie habe: «Wohin will die Schweiz? Eine Annäherung zur EU, eine verbindliche Zusammenarbeit mit Nato, oder nicht?», fragt er.

Die Schweizer Politik verkommt diesbezüglich zu einer Art Sandkastenspiel. Man will Flieger beschaffen, ohne dass klar ist, in welche Richtung sich das gesamte Militär entwickeln soll.
Autor: Ueli von Känel SRF-User

Ebenso ergänzt von Känel im Rahmen der Initiative, dass das Unterschriftenziel aufgrund der wachsenden Bevölkerung in der Schweiz ohnehin von 100’000 auf 200’000 erhöht werden solle.

HeuteMorgen, 20.09.2022, 06:00 Uhr

Meistgelesene Artikel