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Luzia Tschirky: «Ich versuche, mich nicht einschüchtern zu lassen»
Aus Tagesschau vom 31.01.2021.
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SRF-Korrespondentin in Belarus Luzia Tschirky: «Maskierte Männer zerrten mich in Minibus»

SRF-Korrespondentin Luzia Tschirky ist in der belarussischen Hauptstadt Minsk auf eine Polizeistation gebracht und festgehalten worden. Nach rund drei Stunden liess man sie gehen – nicht aber Tschirkys Bekannte und deren Mann. Im Interview berichtet Luzia Tschirky über die Details und die möglichen Hintergründe.

Luzia Tschirky

Luzia Tschirky

Russland-Korrespondentin

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Luzia Tschirky ist SRF-Korrespondentin für die Region Russland und die ehemalige UdSSR.

SRF News: Luzia Tschirky, was ist genau passiert heute Sonntag in Minsk?

Luzia Tschirky: Ich und eine Bekannte mit ihrem Mann waren auf dem Weg in ein Café. Wir standen an einer Ampel und wollten die Strasse überqueren, als plötzlich ein Minibus neben uns angehalten hat. Drei maskierte Männer sprangen heraus und sagten, wir sollen mitkommen. Ich habe sofort erklärt, dass ich Schweizerin bin und als Journalistin eine Akkreditierung besitze. Ich wollte meinen Pass zeigen. Aber sie haben mich und meine Bekannten gepackt und in den Minibus gezerrt.

Man sagte uns nicht, weshalb wir mitgenommen wurden, ob wir festgenommen sind oder wohin sie uns bringen würden.

Um wen handelte es sich bei den Männern?

Der Minibus wies keine Beschriftung auf. In dem Fahrzeug sassen mit Schlagstöcken ausgerüstete Mitglieder der Sondereinheit OMON sowie weitere Personen, die wie wir abgeführt wurden. Man sagte uns nicht, weshalb wir mitgenommen wurden, ob wir festgenommen sind oder wohin sie uns bringen würden. Es hiess nur, man wolle unsere Identitäten überprüfen – doch das würden nicht sie selbst, sondern andere erledigen. Ich habe immer wieder meinen Pass gezeigt, ihn auch in die kleinen Kameras gehalten, die die Männer an der Uniform trugen. Es war sehr unheimlich, nicht zu wissen, was geschieht.

Wohin wurden Sie und Ihre Bekannten gebracht?

Irgendwann hielt der Minibus an. Sie liessen uns aussteigen und setzten uns in ein Auto, in dem zwei Männer sassen. Sie sagten, sie seien von der Polizei und brächten uns nun auf die Polizeistation. Ich wollte mich dagegen wehren, aber man gab mir zu verstehen, dass das negative Konsequenzen haben würde.

Ich bat darum, die Botschaft anrufen zu dürfen, doch das hat man mir nicht erlaubt.

Haben Sie auf der Polizeistation mehr erfahren über den Grund?

Nein, sie haben uns nichts erklärt. Es hatte noch sehr viele andere Menschen auf der Station, die von anderen Orten hergebracht wurden. Junge und auch ältere Menschen. Ich bat darum, die Botschaft anrufen zu dürfen, doch das hat man mir nicht erlaubt. Irgendwann kam eine Frau vom Migrationsdienst und meinte, mir würde nichts geschehen. Dann durfte ich gehen – meine Bekannten haben sie auf der Polizeistation behalten.

Luzia Tschirky mit dem Schweizer Botschafter in Minsk, Claude Altermatt.
Legende: Luzia Tschirky nach ihrer Freilassung, zusammen mit dem Schweizer Botschafter in Minsk, Claude Altermatt. twitter/claude altermatt

Welchen Grund vermuten Sie hinter der Aktion?

Ich weiss es nicht, ich glaube, es war reine Willkür. Seit den Präsidentschaftswahlen im August gab es regelmässig an Sonntagen Demonstrationen gegen die Regierung. Wie ich heute später erfahren habe, trafen sich Menschen in kleinen Gruppen um zum Beispiel in Innenhöfen zu demonstrieren. Vielleicht vermutete man, dass wir uns mit anderen treffen wollten. Zudem gab es in Russland heute grosse Demonstrationen. Dies könnte die Behörden in Belarus etwas nervös gemacht haben, denn die beiden Länder stehen sich kulturell und sprachlich sehr nahe.

Weshalb befanden Sie sich denn in Minsk?

Ich habe im November eine Akkreditierung bekommen und im Dezember ein Visum, darauf habe ich während Monaten gewartet. Ich wollte so rasch wie möglich nach Belarus – aber heute war ich privat in der Stadt unterwegs. Ich hoffe, meine Bekannten kommen rasch wieder frei.

Das Interview führte Silvana Berini.

Mehrere Festnahmen bei Protesten in Belarus

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Bei neuen Protesten in Belarus (Weissrussland) gegen den Präsidenten Alexander Lukaschenko sind am Sonntag laut der Menschenrechtsorganisation «Wesna» mehr als 120 Menschen festgenommen worden. Videoaufnahmen zeigten Szenen aus dem Zentrum von Minsk, bei denen schwarz uniformierte Männer Passanten abführten und in Minibusse stiessen. In einem weiteren Video werden mehrere Menschen von Uniformierten über einen verschneiten Hinterhof gejagt.

Belarus steckt seit der umstrittenen Präsidentenwahl im vergangenen August in einer schweren innenpolitischen Krise.

SRF 4 News, 31.01.21, 16.30 Uhr;

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