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St. Galler Amt in der Kritik Wolfsjagd in Russland: Welche Lehren zieht die Regierung?

An der laufenden Session im St. Galler Kantonsrat haben zwei Mitglieder einen dringlichen Vorstoss eingereicht.

Vor einem Monat machte das Regionaljournal Ostschweiz von Radio SRF publik: Der Amtsleiter des St. Galler Amts für Natur, Jagd und Fischerei und ein Wildhüter unternahmen eine Weiterbildungsreise nach Russland. Diese wurde vom Departement bewilligt, es wurden fünf Arbeitstage zur Verfügung gestellt, was für Empörung und Kritik sorgte: Dies sei keine Weiterbildungsreise, sondern privates Jagdvergnügen gewesen.

Schon kurz darauf kündigten Politiker an, entsprechende Vorstösse einzureichen. Dies geschah am Montagnachmittag kurz nach Beginn der Aufräumsession im St. Galler Kantonsrat. In einer dringlichen Interpellation fordern die Kantonsräte Thomas Schwager und Meinrad Gschwend (beide Grüne) Antworten von der Regierung.

«Mindestmass an politischer Sensibilität»

Die Interpellation trägt den Titel: «Studienreisen nach Russland: Wem ging die politische Vernunft durch die Lappen?» Damit nehmen die Interpellanten Bezug auf die Lappjagd. Sie ist eine Form der Treibjagd, welche die zwei Amtsmitarbeitenden in Russland praktiziert haben.

So funktioniert die Lappjagd

Box aufklappen Box zuklappen

Bei der Lappjagd handelt es sich um eine Treib- beziehungsweise Drückjagd. Das bejagte, meist eher flache Gebiet, wird mit an Leinen aufgehängten Stofflappen umspannt. Die Tiere werden mithilfe von Treibern (Menschen und Hunden) in eine bestimmte Richtung getrieben.

Die aufgehängten Lappen verhindern das Ausbrechen der Tiere, damit diese geschossen werden können. Die Lappjagd wird vor allem für die Jagd auf Wölfe angewendet.

Die beiden Grünen-Kantonsräte wollen Antworten. Zum Beispiel auf die Frage, ob vom Amtsleiter und dem Wildhüter nicht ein «Mindestmass an politischer Sensibilität erwartet» werden dürfte, «ganz zu schweigen von deren politisch vorgesetzten Stellen». Konkret von Regierungsrat Beat Tinner, der die Russlandreise als Weiterbildung genehmigte.

Interpellant Thomas Schwager sagt gegenüber SRF: «Russland ist ein Staat, der ein Nachbarland überfiel. Ich finde es völlig unangemessen, dass jemand aus der Schweiz nach Russland reist. Sei das touristisch oder sogar im Auftrag unseres Staatswesens. Das geht einfach nicht.»

Blick auf eine Sitzung im Parlamentssaal aus der Perspektive der Zuhörer.
Legende: Der Fall des nach Russland gereisten Amtsleiters hat die St. Galler Politik erreicht. Im Kantonsrat wurde ein dringlicher Vorstoss eingereicht. Keystone/Gian Ehrenzeller

Allgemein streichen die Interpellanten in ihrem Vorstoss vor allem das Reiseziel Russland heraus. «Während die ukrainische Bevölkerung seit über zwei Jahren auf brutalste Weise ‹reguliert› wird, studierten zwei Mitarbeitende unseres Kantons im Februar 2024 während einer Woche auf Arbeitszeit das russische Wolfsmanagement», heisst es im Wortlaut.

Wird die Interpellation noch diese Woche beantwortet?

Die Interpellation will zudem von der Regierung wissen, welche Lehren sie jetzt aus diesem Vorfall zieht. Der Kantonsrat entscheidet am Dienstagmorgen darüber, wann die Antworten der Regierung kommen sollen. Wie SRF erfuhr, bestreitet die Regierung die Dringlichkeit nicht. Das heisst wohl: Die Fragen werden bis am Donnerstag beantwortet.

Der Rat muss dafür die Interpellation für dringlich erklären. Sollte es im Parlament Widerstand geben, was unwahrscheinlich ist, dürfte es länger dauern. Die nächste Session des St. Galler Kantonsrats findet am 3. Juni statt – es wird die erste Session in der neuen Legislatur.

Regionaljournal Ostschweiz, 30.04.2024, 06:31 Uhr ; 

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