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Steigende Gesundheitskosten Nationalrat beschliesst abgeschwächtes Paket zur Kostendämpfung

Pflaster oder Pflästerli?: Noch bleibt unklar, wie gross das Sparpotenzial der neuen Massnahmen unter dem Strich ist.

Gesundheitsminister Alain Berset sprach Klartext, als er vor zwei Tagen zur Prämienrunde informierte: Es brauche zusätzliche Massnahmen, um die Kosten im Gesundheitswesen zu bremsen, nachdem das erste Paket stark abgeschwächt worden war. Nun habe es das Parlament beim zweiten Paket in den Händen.

Nationalrat gegen «Denkhalt»

Sieben Massnahmen umfasste dieses zweite Paket ursprünglich, doch ging die Vorlage schon reduziert in den Nationalrat. Zu Beginn der Debatte äusserten fast alle Parteien Skepsis. Etwa Thomas de Courten von der SVP: «In der Zwischenzeit sind wir einige Schritte weiter, auch dank der Kommissionsarbeit. Aber vor allem auch näher am Abgrund. Sie wissen das.»

Manuela Weichelt von den Grünen verlangte gar einen «Denkhalt». Sie konstatierte einen «unglaublichen Hyperaktivismus ohne Ende». Das sei unseriös und führe nicht zum Ziel. Doch das Parlament wollte nicht untätig bleiben und wies einen Rückweisungsantrag zurück – trotz verbreitet geäusserten Zweifeln an der kostendämpfenden Wirkung des Pakets.

Der Gesundheitsminister erinnerte den Rat an die zwei Kernelemente des Pakets: die Netzwerke der koordinierten Versorgung und die Preismodelle für die Medikamente. Dies seien deutlich kostendämpfende Massnahmen.

Keine neuen Leistungserbringer

Wenig überraschend sorgten just diese Punkte für hitzige Diskussionen: Die Linke kämpfte vergeblich für diese neuen Netzwerke von Gesundheitsfachleuten, welche die Behandlung von Patientinnen und Patienten koordiniert – also in Absprache und ganzheitlich ohne Doppelspurigkeiten – ermöglichen.

SVP, FDP und Mitte hielten das für unnötig. Nach den Worten von FDP-Nationalrätin Regine Sauter sind Verbesserungen auch im bestehenden System möglich: Gerade die integrierte und koordinierte Versorgung sei ein sehr gutes Modell. Es gebe in der Praxis bereits solche Modelle, die umgesetzt würden.

Ärztliche Beratung.
Legende: Nichtstun sei keine Option, hiess es am Donnerstag im Nationalrat: Bleibt es bei der Pflästerlipolitik oder beschliesst das Parlament zum Ende der Legislatur noch Massnahmen für substanzielle Einsparungen im Gesundheitswesen? Keystone/Gaetan Bally

Der Nationalrat will nun Netzwerke auf anderen Wegen stärken und etwa Mehrjahresverträge in solchen Modellen zulassen. Zugleich sollen Apotheken und Hebammen gestärkt und damit Arztpraxen entlastet werden, zu tieferen Kosten. «Wir wollen die interprofessionellen Absprachen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte mit den Apotheken explizit ermöglichen und sehen darin die Chance von Kostensenkungen», erklärte Thomas Rechsteiner von der Mitte.

Wink an vertrauliche Preismodelle

Beim zweiten umstrittenen Punkt, den vertraulichen Preismodellen für innovative, teure Medikamente, sprach sich die bürgerlichen Parteien für ein pragmatisches Vorgehen aus. Lorenz Hess von der Mitte rief in Erinnerung, dass solche Preismodelle internationale Praxis sind: «Sie ermöglichen einen raschen Zugang zu neuen und innovativen Therapien, in denen es noch Unsicherheiten bei der Vergütung gibt.

Mit diesen Modellen fliesst jeweils ein geheimer Rabatt zurück. Weil das viele als stossend empfanden, soll künftig eine unabhängige Stelle einmal jährlich darüber berichten. Ausserdem ruft der Nationalrat den Bundesrat auf, sich auf internationaler Ebene gegen solche Modelle einzusetzen.

Mit 131 zu 28 Stimmen bei 32 Enthaltungen aus verschiedenen Fraktionen geht das Gesetz nun an den Ständerat.

 

Rendez-vous, 28.09.2023, 12:30 Uhr

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