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Steigende Gesundheitskosten So will die Politik gegen die Prämienexplosion ankämpfen

  • Die Gesundheitskosten in der Schweiz steigen von Jahr zu Jahr – und damit auch die Krankenkassenprämien.
  • Seit Jahren wird mit verschiedenen Rezepten versucht, die Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen.
  • Bundesrat und Nationalrat wollen die hohen Kosten mit Zielvorgaben in den Griff kriegen. Der Ständerat folgte nun diesem Weg.

Alle vier Jahre sollen Bund und Kantone für verschiedene Bereiche der obligatorischen Krankenversicherung Ziele für Qualität und Kosten festlegen. Damit würde bestimmt, wie stark die Kosten höchstens steigen dürften.

Ginge der Anstieg darüber hinaus, soll der Bund mit allen Akteuren im Gesundheitswesen prüfen, ob Gegenmassnahmen nötig wären. Die Vorlage ist der indirekte Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei.

Kostenbremse-Initiative und Gegenvorschläge – darum geht es

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Darum geht es: Die Gesundheitskosten sind in den vergangenen Jahren im Schnitt jeweils zwischen vier und fünf Prozent gestiegen – was sich in steigenden Krankenkassenprämien zeigt. Die Mitte-Partei will diese Kosten ihrer Initiative bremsen: Wenn diese deutlich stärker steigen als die Löhne, müssen Bundesrat und Kantone konkrete Massnahmen beschliessen. Diese müssten im Folgejahr greifen, damit – so das Ziel der Initiative - die Prämien bezahlbar bleiben.

Das ist umstritten: Der Bundesrat teilt das Anliegen, ist aber gegen diesen Vorschlag. Er sei zu starr und könnte zu Rationierungen führen. Deshalb legt der Bundesrat einen indirekten Gegenvorschlag vor – mit flexibleren Kostenzielen (ursprünglich Teil des zweiten Kostendämpfungs-Pakets). Darin schlägt der Bundesrat ein jährliches, maximales Ziel für die Kosten in der Grundversicherung vor und teilt dieses auf die Kantone auf. Diese wiederum schlüsseln es je Bereich auf – sodass für das Spital, die Arztpraxen, Labors, Physiotherapie und so weiter – maximale Kostenziele stehen. Werden diese überstiegen, sollen alle Beteiligten prüfen, wann welche Massnahmen sinnvoll wären.

Das ist der aktuelle Stand: Der Nationalrat unterstützt den indirekten Gegenvorschlag mit den Kostenzielen. Demnach soll der Bundesrat nach Anhörung aller Akteure im Gesundheitswesen Kosten- und Qualitätsziele festlegen. Diese würden für die Leistungen der jeweils nächsten vier Jahre gelten. Die Kantone können sich an diesen Vorgaben orientieren und selber Ziele festlegen. Weitere Massnahmen zur Kostendämpfung sind Tarif-Eingriffe, insbesondere bei Ärztinnen und Ärzten sowie bei den Labors. Sie sollen mit den Krankenversicherern vertraglich günstigere Tarife beschliessen. Die Kostenbremse-Initiative empfiehlt der Nationalrat deutlich zur Ablehnung. Nach dem National- hat sich nun auch der Ständerat für den Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative ausgesprochen. Über die Volksinitiative selbst entschied der Rat noch nicht.

Auch der Ständerat konnte sich mit den Kostenzielen anfreunden, denn sie seien nötig, betonte Mitte-Ständerat Peter Hegglin: Seit Jahren würde das BAG sagen, dass 20 Prozent der Leistungen unnötig seien und eingespart werden könnten. «Wenn es aber um Lösungen geht, schieben sich alle den Schwarzen Peter zu.»

Jetzt solle der Rat handeln, mahnte Ständerat Hegglin, eine Vorlage mit griffigen Massnahmen liege auf dem Tisch.

Kritik an «staatlicher Kostenbürokratie»

Doch so schnell gaben sich einige bürgerliche Vertreter nicht geschlagen. Hannes Germann von der SVP wollte gar nicht über die Vorlage diskutieren.

Mit der Reform ist es wie mit der Medizin: Auf die richtige Dosis kommt es an. Heute aber sind wir im Begriff zur Überdosis zu greifen.
Autor: Hannes Germann Ständerat (SVP/SH)

Sie sei «überladen, schaffe eine staatliche Kostenbürokratie und sei nichts anderes als ein fragwürdiges Kostendikat». «Mit der Reform ist es wie mit der Medizin: Auf die richtige Dosis kommt es an, dann ist das Medikament ein Segen. Heute aber sind wir im Begriff zur Überdosis zu greifen und dem Krankenversicherungsgesetz nachhaltigen Schaden beizufügen.»

SVP und FDP fanden, dass die Kostenziele in der Vorlage gar nicht nötig seien. Damit soll der Anstieg der Prämien gebremst werden. Für Damian Müller von der FDP gibt es bereits genug kostendämpfende Massnahmen: «Wir sollten dieses Konzept nun endlich in der Praxis wirken lassen und nicht ohne Erfahrungen mit neuen Bestimmungen zu übersteuern versuchen.»

Bundespräsident Berset warnt vor Absturz

Die Kostenvorgaben könnten den Patientinnen und Patienten sogar schaden, sagten die Gegner, weil möglicherweise nötige Behandlungen nicht vorgenommen würden. Diese Kostenziele seien das Herz dieser Vorlage, mahnte am Schluss der Gesundheitsminister. Wenn sie nicht unterstützt würden habe man am Ende gar keine Vorlage mehr, so Alain Berset.

Eine Mehrheit aus SP, Grünen und Mitte hat die Vorlage mit den Kostenzielen angenommen. Sie geht wieder zurück in den Nationalrat, denn es gibt noch ein paar Differenzen. Umstritten sind die Zuständigkeiten und Kompetenzen bei der Anpassung von veralteten Tarifen. Der Ständerat will zudem keinen Systemwechsel bei den Laborleistungen. Zur Kostenbremse-Initiative der Mitte-Partei hat sich der Ständerat noch nicht geäussert.

Rendez-vous, 14.03.2023, 12:30 Uhr

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