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Steuerwettbewerb der Kantone So beeinflusst der Wohnort die Steuerrechnung

Alle Bürgerinnen und Bürger müssen nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden, heisst es in der Schweizer Bundesverfassung. Was genau darunter zu verstehen ist, liegt weitgehend im Ermessen der Kantone. Die meisten setzen auf eine progressive Einkommenssteuer. Die Idee dahinter ist simpel: Indem höhere Einkommen anteilsmässig stärker besteuert werden, korrigieren sich Ungleichheiten in der Einkommensverteilung.

Trotzdem gibt es Unterschiede zwischen den Gemeinden und Kantonen. Wie deutlich diese ausfallen, zeigen Zahlen der eidgenössischen Steuerverwaltung.

Ein Vergleich der Kantonshauptstädte zeigt, dass der Wohnort einen beachtlichen Einfluss auf die Steuerrechnung hat. So ist die Kurve für einen ledigen Steuerzahler in Zug am flachsten: Einkommensmillionäre müssen nur rund zehn Prozent an den Fiskus abdrücken. In Lausanne hingegen ist die Kurve am steilsten: Bereits Einkommen von 60'000 Franken werden zu 12 Prozent besteuert.

Unterschiede zeigen sich auch bei der Steuerfreigrenze: Ab welchem Einkommen werden überhaupt Steuern erhoben? In Schwyz sind Einkommen für Ledige bereits ab 4 650 Franken steuerpflichtig. Ganz anders in Lausanne: Hier setzt die Steuerpflicht erst bei 27'712 Franken ein.

Reger Steuerwettbewerb

Den Wettbewerb zwischen den Kantonen findet man in den Details der Progressionskurve: Zug und Schwyz setzen auf eine Kurve, die früh beginnt und flach ansteigt. Damit fällt die Steuerlast für alle Einkommen gleichmässiger aus. Lausanne, Genf und Basel haben hingegen eine hohe Steuerfreigrenze und eine steilere Kurve. Damit belasten sie Reiche stärker zugunsten der Ärmeren.

Sonderfall Flat-Rate-Tax

Wie aggressiv der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen zeitweise geführt wird, zeigt der Kanton Obwalden. Nachdem das Bundesgericht dessen degressive Steuern für verfassungswidrig erklärt hatte, führte Obwalden 2008 als erster Kanton die Flat-Rate-Tax ein.

Dabei handelt es sich um ein Modell, bei dem alle Einkommen mit dem gleichen Tarif besteuert werden. Allerdings wird es nicht konsequent angewendet: Weil ein fixer Freibetrag abgezogen werden kann, wirkt weiterhin eine indirekte Progression. Je nach Ausgestaltung ist es jedoch meist eine, die einkommensstarke Steuerzahler auf Kosten des Mittelstands entlastet.

Steuerlast in der Realität degressiv

Was die Daten der Steuerverwaltung nicht zeigen, sind die Auswirkung dieses interkantonalen Wettbewerbs: Für Personen aus dem Mittelstand spielt der Steuersatz keine wichtige Rolle bei der Wohnsitzwahl. Für Vielverdiener schon: Sie zieht es viel öfters in steuertechnisch günstige Gemeinden.

Im schweizerischen Durchschnitt führt dies dazu, dass die effektive Steuerlast für Einkommen von mehr als einer Million Franken teilweise sogar wieder sinkt. Denn im Gegensatz zu Personen mit unteren und mittleren Einkommen wohnen Reiche systematisch in steuergünstigen Gemeinden. Zu dieser Erkenntnis kamen Kurt Schmidheiny und Marcus Roller 2016 in einer Studie der Universität Basel, wie Kassensturz berichtete . Die föderale Struktur des Schweizer Steuersystems führt in der Realität also dazu, dass Reiche anteilsmässig weniger Einkommen an den Staat abliefern, als der obere Mittelstand.

Was geschieht mit den Steuern?

Sind die Steuern erhoben, gibt sie der Staat wieder aus – doch wofür genau? Die folgende interaktive Visualisierung beantwortet genau diese Frage:

Welche Daten Sie hier genau sehen und wie sie erhoben wurden, lesen Sie in diesem Artikel .

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