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Stimmrecht kaum genutzt Warum Ausländer kaum wählen – und was Freiburg dagegen tut

40'000 Ausländerinnen und Ausländer dürfen in Freiburg wählen, doch kaum jemand tut es. Jetzt reagiert der Kanton.

Worum geht es? In der Deutschschweiz ist das Ausländerstimmrecht ein absoluter Exot: Nur in einzelnen Gemeinden im Appenzell und Graubünden dürfen Ausländerinnen und Ausländer wählen und abstimmen. Anders in der Westschweiz: Dort ist das Stimm- und Wahlrecht für Menschen ohne Schweizer Pass in fast allen Kantonen möglich, dies auf Gemeindeebene und nach einer gewissen Mindestaufenthaltsdauer. Auf Kantonsebene sind es nur Neuenburg und Jura. Das Problem: In vielen Orten gehen Ausländerinnen und Ausländer kaum an die Urne. Nun geht der Kanton Freiburg in die Offensive.

Ausländerstimmrecht in der Deutschschweiz

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Graubünden: Über 30 Gemeinden (etwa Arosa, La Punt Chamues-ch) haben das Ausländerstimmrecht eingeführt.

Appenzell Ausserrhoden: Einzelne Gemeinden kennen das Recht. Im November 2025 stimmt der Kanton über ein kantonales Ausländerstimmrecht ab – das wäre eine Premiere für die Deutschschweiz.

Was ist geplant? Sei es mit einer Plakatkampagne, Erklärvideos oder Erfahrungsberichten: Freiburg will die ausländischen Leute mit C-Ausweis motivieren, bei den Gemeindewahlen im März 2026 an die Urne zu gehen. «Wir sehen ein sinkendes Interesse an politischer Partizipation – dies betrifft längst nicht nur die Migrationsgesellschaft», so Guiseppina Greco, Delegierte für Integration des Kantons Freiburg.

Freiburg Altstadt
Legende: In Freiburg soll sich die ausländische Bevölkerung stärker an der Politik beteiligen. Keystone/Anthony Anex

Dieses Recht betrifft fast 40'000 Personen. «Diese Möglichkeit verdient es, besser bekannt und sichtbar gemacht zu werden. Es geht um unseren sozialen Zusammenhalt», betonte Patrice Borcard, Präsident der kantonalen Kommission für die Integration von Migrantinnen und Migranten.

Was ist das Problem? Auch wenn Ausländerinnen und Ausländer politisch mitbestimmen können, tun sie dies nur zögerlich. Die Wahlbeteiligung der ausländischen Bevölkerung liegt deutlich unter derjenigen der Schweizerinnen und Schweizer, wie eine Studie der Universität Neuenburg gezeigt hat.

La PUnkt
Legende: In La Punt Chamues-ch wird das Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer nur von wenigen genutzt. Wikipedia/Adrian Michael

Wie machen es andere? In La Punt Chamues-ch (GR) gibt es das Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer, allerdings wird es nur von wenigen genutzt. Dort nehmen von etwa 40 Stimmberechtigten nur vier bis sechs Personen an den Gemeindeversammlungen teil, erklärte Urs Niederegger, Gemeindeschreiber von La Punt Chamues-ch gegenüber SRF. Für das Gemeindeparlament habe sich bislang noch niemand mit einer C-Bewilligung zur Wahl gestellt.

Ähnlich das Bild in der Westschweiz: Im Kanton Neuenburg nehmen bloss 18 Prozent der Ausländerinnen und Ausländer am politischen Prozess teil. In Genf sind es 23 Prozent, wobei die Partizipation der spanischen (17 Prozent) und portugiesischen Gemeinschaft (13 Prozent) besonders niedrig ist, wie die «NZZ» berichtete. Die Ereignisse in ihrer Heimat interessiere Portugiesinnen und Spanierinnen stärker als jene in der Schweiz – was für die Motivation, an einer hiesigen Abstimmung oder Wahl teilzunehmen, nicht förderlich sei, hiess es.

Was sagt der Experte? Daniel Kübler, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Zürich, sieht darin ein typisches Phänomen bei der Ausweitung politischer Rechte: Gruppen, die historisch von solchen Rechten ausgeschlossen waren, müssen erst lernen, sich damit zu identifizieren. Dies sagte Kübler 2024 zu SRF.

Wahlen Freiburg
Legende: Mit solchen Plakaten will Freiburg Ausländerinnen und Ausländer an die Urne holen. ZVG/Kanton Freiburg

Kübler zieht eine Parallele zur Einführung des Frauenstimmrechts: «Frauen, die vor 1971 bereits 20 Jahre alt waren, nutzen das aktive und passive Wahlrecht auf nationaler Ebene deutlich seltener.» Ähnlich wie bei den Frauen sei es auch bei den Ausländerinnen und Ausländern: «ein sehr langfristiger Effekt, der mit der politischen Sozialisation zu tun hat», erklärt Kübler.

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Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 15.9.2025, 17.30 Uhr ; 

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