- Die Aargauer Regierung hat entschieden, wie viel Ärztinnen für Behandlungen verrechnen dürfen.
- Der neue Tarif ist höher als der bisherige und gilt rückwirkend per 1. Januar 2013.
- Die Krankenkassen müssen den Ärzten somit Millionen Franken nachzahlen.
- Die Versicherungen können den Entscheid noch vor Gericht anfechten.
92 statt 89 Rappen. Was nach einer kleinen Änderung klingt, kostet die Krankenkassen möglicherweise viel Geld. Es geht um den Tarif für einen Tarmed-Taxpunkt im Aargau. Dieser regelt, wie viel Hausärztinnen und Spezialisten für ihre Behandlungen in Rechnung stellen dürfen. Die Aargauer Regierung hat den Taxpunkt-Tarif nun um drei Rappen erhöht.
Ärzte können im Aargau sonst nicht mehr existieren.
Erfreut über die 92 Rappen ist Jürg Lareida, Präsident des Aargauer Ärzteverbands: «Die Taxpunktwerte müssen rauf, sonst können Hausärzte im Aargau nicht mehr existieren.» Die Ärztinnen hätten gerne noch mehr als die 92 Rappen gehabt, denn der bisherige Wert gelte seit über 30 Jahren. «Der Aargau hat eine der tiefsten Hausarztdichten der Schweiz, das kommt nicht von ungefähr», sagt Lareida.
Ärzte und Versicherungen einigen sich nicht
Die Tarife sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Im Aargau streiten Krankenkassen und Ärzte seit über zehn Jahren um die Höhe. Weil sie sich nicht einigen konnten, legt der Kanton den Tarif fest, und zwar rückwirkend per 1. Januar 2013 - mit den entsprechenden finanziellen Folgen: «Eine Erhöhung um drei Rappen entspricht zwischen 10 und 14 Franken pro Person und Jahr», sagt Urs Steimen vom Aargauer Gesundheits- und Sozialdepartement. Weil über 700'000 Menschen im Aargau wohnen, summiert sich diese eigentlich kleine Summe zu einem Millionenbetrag auf.
Millionen, welche die Krankenkassen nun den Ärztinnen und Ärzten schulden. Dementsprechend reserviert reagiert Krankenkassenvertreter Roger Scherrer: «Es ist eine erhebliche Erhöhung. Bei den stark steigenden Prämien sehen wir das kritisch.»
Scherrer ist Geschäftsführer von Tarifsuisse. Dies ist die Organisation, die im Auftrag der Mehrheit der Krankenkassen die Tarife aushandelt. Er sagt: «Solche Preiserhöhungen müssen über die Krankenkassenprämien weitergegeben werden, dies würde die Bevölkerung des Aargaus treffen».
Wie die Nachzahlungen an die Ärztinnen abgewickelt werden sollen, ist noch nicht bekannt. Urs Steimen vom Kanton betont: «Patienten sollen für Behandlungen keine Nachzahlungen leisten müssen.» Ärztevertreter Jürg Lareida will jedoch auf die Nachzahlungen für die letzten elf Jahre pochen. Zum konkreten Vorgehen will er aber noch nichts sagen, da der Entscheid noch nicht definitiv ist.
Gerichtsprozess wahrscheinlich
Tatsächlich kann Tarifsuisse den Entscheid der Aargauer Regierung vor Gericht anfechten. Ob dies geschehe, sei noch nicht entschieden, sagt Roger Scherrer. Da aber in vielen anderen Kantonen entsprechende Gerichtsverfahren hängig sind, gehen Ärztepräsident Jürg Lareida und Urs Steimen vom Kanton Aargau davon aus, dass die Krankenkassen den Entscheid nicht akzeptieren werden.