Tempo 30 aus Sicherheitsgründen – also vor Schulhäusern oder in Wohnquartieren – ist mittlerweile in der Schweiz breit akzeptiert, auch von den Automobilverbänden. Tempo 30 aus Lärmschutzgründen hingegen ist umstritten. Beim autokritischen Verkehrsclub der Schweiz (VCS) und bei der rot-grünen Stadt Zürich war die Freude gross, als das Bundesgericht letzte Woche grünes Licht gab für Tempo 30, um den Lärm zu senken. Zürich kann nun auf Dutzenden weiteren Strassen diese Geschwindigkeitsbeschränkung einführen. Trotz der Niederlage wollen der Automobilclub (ACS) und der Touringclub (TCS) den Widerstand gegen Tempo 30 aber nicht einfach so aufgeben.
Der eigentliche Zweck von Tempo 30 ist die Behinderung des Individualverkehrs.
Für TCS-Vizepräsident Thierry Burkart steht fest: «Der eigentliche Zweck von Tempo 30 ist die Behinderung des Individualverkehrs.» Das Argument des Lärmschutzes sei nur ein «Deckmantel». Burkhart hält denn auch nichts von temporären Temporeduktionen von 50 auf 30 in den Nachtstunden, etwa zwischen 22 und 6 Uhr. Tempo 30 reduziere den Lärm nur sehr beschränkt, sagt Burkart. «Laut Studien sind es etwa ein bis höchstens drei Dezibel.»
Fokus auf die Wohnquartiere
Ganz anders interpretiert Markus Knauss vom VCS Zürich diese Lärmstudien. Temporeduktionen würden sehr wohl gegen Lärm nützen. Von temporären Einschränkungen hält aber auch Knauss nichts: «Tempo 30 nachts ist nicht der Fokus für uns.» Dieser liege auf den dicht bebauten Wohnquartieren, wo für 24 Stunden das Tempo gesenkt werden solle. «Denn die Anwohnerinnen und Anwohner fühlen sich auch am Tag vom Verkehrslärm gestört.»
Der TCS will den Strassenlärm mit anderen Methoden reduzieren. Dies mit sogenannten Flüsterbelägen, die sicher nicht billig seien, sagt Burkart vom TCS. Eine weitere Massnahme, die sehr günstig sei, sei das Vorschreiben von lärmarmen Reifen. «Das sind moderne Reifen, die den Lärm sehr effektiv mindern.»
Tempo 30 für 24 Stunden?
Dagegen habe man nichts, sagt Knauss vom VCS. Am effektivsten für alle sei aber eine Temporeduktion, und zwar für 24 Stunden und nicht nur in der Nacht.
Die Anwohnerinnen und Anwohner fühlen sich auch am Tag vom Verkehrslärm gestört.
Auch der Bundesrat hält wenig von temporären Temporeduktionen. So hält er in einer Antwort auf mehrere parlamentarische Anfragen dazu fest, dass eine Tempo-30-Strasse als solche erkennbar sein müsse. Das blosse Aufstellen eines Signals genüge nicht. Es brauche bauliche Massnahmen. Diese würden logischerweise nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag greifen.
Ausprobieren in der Nacht
Versuche mit Tempo 30 in der Nacht sind jedoch möglich. Und so will die Stadt Zürich noch in diesem Jahr auf vier Strassenabschnitten von 22 bis 6 Uhr das Tempo von 50 auf 30 reduzieren. Dies wird allerdings nicht lautlos über die Bühne gehen. Man werde die entsprechenden Pläne der Stadt genau anschauen und entscheiden, ob und wie man Tempo 30 in der Nacht bekämpfen werde, heisst es beim TCS Zürich auf Anfrage.