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Tamedia übernimmt BAZ Herr Somm, haben Sie es bei der BAZ versiebt?

Die «Basler Zeitung» kommt in Zürcher Hände. Im Gespräch betont Chefredaktor Markus Somm den Erfolg unter seinem Regime.

Der Zürcher Tamedia-Verlag übernimmt von Christoph Blocher die «Basler Zeitung» BAZ. Das Blatt hatte seit Blochers Übernahme vor knapp vier Jahren einen polarisierenden Kurs gefahren.

Verantwortet hatte diesen Kurs Chefredaktor Markus Somm. Er bleibt in den nächsten Monaten noch an Bord der BAZ. Im Interview zieht Somm eine positive Bilanz der letzten vier Jahre.

Markus Somm

Journalist und Verleger

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Markus Somm ist studierter Historiker und Journalist. Er fiel mit seiner pointiert rechtsbürgerlichen Haltung in den Nullerjahren bei der «Weltwoche» auf. Seit 2010 ist er Chefredaktor der BAZ, seit 2014 gehörte ihm ein Drittel der Zeitung, ein anderes Drittel gehörte Christoph Blocher. In seiner Studentenzeit galt Somm als Trotzkist und war Mitglied der GsoA.

SRF News: Wenn Sie Bilanz ziehen – sind Sie zufrieden mit ihrer bisherigen Arbeit bei der BAZ?

Markus Somm: Man kann eigentlich nicht zufrieden sein, wenn man eine so grosse Tageszeitung aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben muss. Die BAZ war schwer in den roten Zahlen, inzwischen ist sie saniert. Gleichzeitig ist die BAZ publizistisch ein sehr gutes Produkt geworden, und auch wirtschaftlich recht erfolgreich. Deshalb ziehe ich eine positive Bilanz.

Christoph Blocher sagte gestern, man habe keine andere Wahl gehabt, als die BAZ zu verkaufen. Inwiefern haben Sie sich das als Chefredaktor zuzuschreiben?

Unter den heutigen Bedingungen des Strukturwandels ist es nicht mehr möglich, eine Tageszeitung allein in der Region Basel zu betreiben. Das gilt für alle Regionen in der Schweiz. Wir sehen das an den Zusammenschlüssen innerhalb der grossen Verlage: Tamedia, NZZ und AZ-Medien machen alle das Gleiche – sie fassen mehrere grössere Tageszeitungen unter einem Dach zusammen.

Ich sorge vorläufig noch ein bisschen dafür, dass die BAZ publizistisch noch die gleiche Spannkraft hat wie bisher.

Der Verkauf der BAZ hat also mehr mit der Entwicklung im Medienmarkt zu tun als damit, dass die BAZ in Basel eine politisch unbequeme Stimme war?

Auf jeden Fall. Hätten wir vor 20 Jahren die gleiche Zeitung gemacht, wären wir nie auf die Idee gekommen, die BAZ zu verkaufen, wir hätten gutes Geld mit ihr verdient. Auch darf man nicht vergessen: Die anderen grossen Tageszeitungen – «Tages-Anzeiger», «Blick» oder NZZ – haben in den letzten Jahren allesamt mehr Leser verloren als die BAZ.

Markus Somm mit Mikrofon in der Hand.
Legende: Markus Somm ist seit acht Jahren Chefredaktor der BAZ. Getty Images

Müssen Sie sich um die Zukunft der BAZ Sorgen machen?

Nein. Ihre Zukunft ist gesichert, denn das Projekt von Tamedia wird wirtschaftlich auf jeden Fall funktionieren. Dass die Zeitung publizistisch noch die gleiche Spannkraft hat wie bisher, dafür sorge ich noch ein bisschen.

Sie bleiben Autor bei der BAZ. Wie sehen Sie dort ihre zukünftige Rolle?

Ich bleibe nach dem Vollzug der Übernahme durch Tamedia noch ein halbes Jahr lang Chefredaktor, vor allem um den Übergang gut zu meistern. Die BAZ hat eine extrem gute Redaktion und entsprechend viel für Tamedia zu bieten. Was danach mit mir geschieht, werden wir sehen.

Manche würden sagen, die BAZ habe unter Ihnen einen rechtskonservativen Kurs angenommen. Wollen sie diesen auch unter Tamedia weiter verfolgen?

Ihre Zusammenfassung ist typisch für Mainstream-Medien. Tatsache ist, dass die Mehrheit der Journalisten in der Redaktion der BAZ immer noch politisch links der Mitte steht. Das einzige Unterscheidungsmerkmal war, dass wir auch konservative, liberale Journalisten haben. Wir pflegten einen Pluralismus von links bis rechts, den es sonst in der Schweiz nicht gibt. Für den Zustand der Schweizer Medienlandschaft ist es kein gutes Zeugnis, dass die Tatsache, dass ab und zu auch bürgerliche oder konservative Journalisten zu Wort kommen, sofort als rechtsbürgerlich denunziert wird. Ich bin durchaus rechtsbürgerlich, aber meine Redaktion war nie rechtsbürgerlich.

Viele Menschen in diesem Land fühlen sich von den Medien und den Journalisten nicht mehr vertreten.

Es ist wichtig – und das gilt auch für die SRG – dass wir einen Pluralismus in den Medien zulassen, der viel weiter geht, als der rot-grüne Mainstream, den viele Journalisten pflegen. Dabei geht es nicht um uns Journalisten. Sondern es geht um die Leser und Zuhörer: Viele Menschen in diesem Land fühlen sich von den Medien und den Journalisten nicht mehr vertreten. Diese Menschen haben keine Stimme in den Medien und werden nicht gehört, weil sich keine Journalisten für ihre Standpunkte interessieren. Das Erfolgsgeheimnis der BAZ war es, dass sie Themen gebracht hat, die viele Leute beschäftigen, auch wenn die Journalisten in den rot-grünen Städten dies etwas weniger interessant fanden. Das wird auch in Zukunft mein Anliegen bleiben.

Sie sprechen von der BAZ in der Vergangenheitsform. Geht mit der Übernahme durch Tamedia dem Schweizer Medienmarkt also auch etwas verloren?

Ich spreche von der BAZ unter meiner Führung, und es ist absehbar, dass dies ändern wird. Wie es danach weitergeht, werden wir sehen. Ich bin aber davon überzeugt, dass auch Tamedia von der Einsicht profitieren kann, dass Diversität auf einer Redaktion nicht nur jung und alt, Mann und Frau, homosexuell und heterosexuell bedeutet. Sondern es heisst auch links und rechts. Es ist dringend nötig, dass es mehr Journalisten gibt, die bürgerlich denken – und zwar nicht, weil ich Meinungsjournalismus das wichtigste finde.

Ich habe nichts dagegen, wenn jemand links ist – auch ich selber war links. Aber ich will das wissen und korrigieren, indem ich weiss, dass es auf der Redaktion auch andere Ansichten gibt.

Auch in der Recherche ist es entscheidend, welchen Standpunkt der Journalist hat. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand links ist – ich selber war auch mal links. Aber ich will das wissen und korrigieren, indem ich weiss, dass es auf der Redaktion auch andere Ansichten gibt. Auf unserer Redaktion wurde häufig heftig um politische Standpunkte gestritten – so kann man die Recherche verbessern. Das werde ich auch unter dem neuen Besitzer Tamedia einbringen. Das würde übrigens auch der SRG gut tun. Sie hätte viele Sorgen weniger, wenn sie den Pluralismus fördern würde.

Das Gespräch führte Melanie Pfändler.

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