- Am zweiten Prozesstag in der Gerichtsverhandlung in Paris gegen den schweizerisch-bosnischen Doppelbürger aus dem Kanton Neuenburg sagte seine Rechtsanwältin heute gegenüber SRF und RTS, ihr Klient habe nicht die Absicht gehabt, zur Tat zu schreiten.
- Im Prozess gegen insgesamt sieben Angeklagte geht es um angebliche Anschlagsplanungen in Frankreich sowie auch auf Schweizer Boden. Die Gruppe, die sich über eine Chat-App ausgetauscht hatte, war 2017 festgenommen worden.
- Auch in der Schweiz ist ein Strafverfahren gegen den Mann hängig, die mutmasslichen Terrorismus-Delikte hat die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) an die französischen Behörden übergeben, wie die BA auf Anfrage erklärte. Das Schweizer Strafverfahren sei ausgedehnt worden.
Es gelte, so betont die Verteidigerin des Angeklagten M. heute, einen «kühlen Kopf» zu bewahren. «Kein einziger Tropfen Blut wurde vergossen. Weder von meinem Klienten noch von den anderen Angeklagten.» Es gebe keine Opfer, sagt die Rechtsanwältin gegenüber SRF-Korrespondentin Alexandra Gubser. «Es sind schockierende Worte, die man im Dossier liest, aber es sind eben nur Worte.» Sie sei überzeugt, dass M. nie die Absicht gehabt habe, wirklich zur Tat zu schreiten. Es habe zwar eine Art von Planung, aber letztlich keine Waffen gegeben. «Deshalb glaube ich keinem der Fälle, dass Anschläge unmittelbar bevorstanden», so die Anwältin.
Gutachter attestiert «normales intellektuelles Niveau»
Im Zeugenstand erschienen ist hingegen ein Psychiater, der ein Gutachten über M. erstellt hat. Darin verweist er auf dessen Drogenvergangenheit, eine Phase, in der er relativ viel und unterschiedliche Substanzen teils exzessiv konsumiert habe. Davon habe M. jedoch keine feststellbaren psychologischen Schäden davongetragen. Auch seien keine Wahnvorstellungen oder eine Depression vorhanden, so der Gutachter. Er attestierte M. ein «normales intellektuelles Niveau». Fazit des Gutachters: es seien keine strafmildernden Umstände gegeben.
BA ermittelt wegen Beschimpfung und Drohung
M. muss sich vor Gericht in Paris nicht wegen mutmasslicher Anschlagspläne auf französischem Boden, sondern auch wegen solcher in der Schweiz verantworten. Entsprechende Ideen hat er mit angeblichen französischen Komplizen in Chats der App Telegram diskutiert, ebenso wie mit seiner nach islamischen Recht geheirateten Partnerin.
Die Terrorismus-Vorwürfe aus der Schweiz sind nun deshalb Teil der Anklage in Paris, weil die französischen Behörden das Verfahren in diesem Bereich übernommen haben, wie die Bundesanwaltschaft erklärt. Die Schweizer Strafverfahren gegen M. wie auch gegen seine Frau, die 2018 in ihre Heimat Kolumbien ausgeschafft worden war, bleiben aber offen. Und sie wurden sogar ausgedehnt: unter anderem wegen des Verdachts der Beschimpfung und der Drohung. Es sind Tatbestände, die sich im Laufe des Strafverfahrens ergeben haben und welche die BA von mehreren Kantonen übernommen hat.