Geschlossen wegen Sommerpause: In allen grossen Theatern der Schweizer Städte gibt es während der Sommermonate keine Aufführungen. Auch in Luzern nicht. Doch die Tourismusstadt will das künftig ändern.
Anlass für die Idee ist ein Bauprojekt. Das über 180-jährige Theatergebäude an der Reuss soll in den kommenden Jahren durch einen Neubau ersetzt werden. Die Verantwortlichen sehen darin nicht nur eine architektonische Chance, sie möchten gleichzeitig das Angebot ausweiten – mit einem Ganzjahresbetrieb.
Das neue Theater soll zu einem «Publikumsmagneten der Zentralschweiz mit auch touristisch attraktivem Sommerprogramm» werden, heisst es im neuen Betriebskonzept, das kürzlich vorgestellt wurde. Im Wort «touristisch» versteckt sich die eigentliche Neuerung: Denn bislang ist das Luzerner Theater hauptsächlich auf regionales – oder vielleicht noch deutschschweizerisches – Publikum ausgerichtet.
Die Öffnung im Sommer gebe dem Theater die Möglichkeit, «ein spezielles Programm auch für andere Zielgruppen zu realisieren», sagt Birgit Aufterbeck, Präsidentin des Stiftungsrats Luzerner Theater, «zum Beispiel auch mal ein Musical oder ein besonderes Festival.»
Das Theater als Tourismusmagnet – kann das funktionieren? Ja, findet Urs Wagenseil, der am Institut für Tourismus der Hochschule Luzern lehrt. «Grundsätzlich ist Kulturtourismus für Luzern ja nicht neu und wird seit Jahren glaubwürdig angeboten.» So etwa mit den klassischen Konzerten des Lucerne Festivals im KKL oder mit internationalen Ausstellungen im Kunstmuseum.
Das ist wie bei einem Skigebiet. Dieses kann nicht nur rote und blaue Pisten anbieten.
Wenn sich Luzern weiter als «Kulturstadt» profilieren wolle, verlange dies nach einer gewissen Breite. «Das ist wie bei einem Skigebiet. Dieses kann nicht nur rote und blaue Pisten anbieten, es gibt auch immer Skifahrerinnen und Skifahrer, die schwarze Pisten möchten.»
Aus touristischer Sicht sei ein attraktives Theaterangebot auch aus einem weiteren Grund gut: «Sehr häufig sind es Abendveranstaltungen, bei denen eine Übernachtung sehr naheliegend ist. Sie können damit auch die Aufenthaltsdauer der Gäste verlängern.»
Wie man Touristinnen und Touristen dazu bringt, länger in der Gegend zu bleiben, ist eine Frage, welche die Luzerner Tourismusbranche seit Jahren beschäftigt – und die seit Corona noch dringlicher geworden ist. Denn der Wegfall des ausländischen Tagestourismus hat der Branche stark zugesetzt und in Luzern macht man sich Gedanken darüber, wie man künftig weniger abhängig vom Ferntourismus werden könnte.
Die schöne Natur reicht nicht
Ein Rezept, das bei Luzern Tourismus im Vordergrund steht: Die Region soll vermehrt auch Angebote der nahegelegenen Bergregionen anpreisen. «Das mag dort reichen, wo die Natur das zentrale Angebot ist», sagt Touristiker Urs Wagenseil, «für eine Stadt – und das ist in Bern und Zürich nicht anders als in Luzern – ist die Natur aber höchstens ein Ergänzungsangebot.» Natur alleine reiche aber nicht, sonst könnten Gäste ja direkt eine Ferienwohnung beispielsweise in Engelberg buchen. «Städte definieren sich über städtische Attraktionen wie Veranstaltungen, Kultur oder Shopping.»
Der Ausbau von Angeboten, wie im Theater vorgesehen sind, sei deshalb der richtige Weg. Luzern will ihn also begehen. Noch aber sind Musicals im Sommer Zukunftsmusik: Das neue Luzerner Theater mitsamt dem neuen ganzjährigen Betrieb wird frühestens in sieben Jahren Realität werden.