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Tiktok vom Bauernhof Thurgauer «Agrarfluencer»: mit Kuhmist-Videos zum Influencer

Aus politischem Antrieb beginnt Patrick Strassburger mit Videos über Landwirtschaft. Und erreicht heute Hunderttausende.

Frühmorgens auf einem Bauernhof in Steckborn im Kanton Thurgau, hoch über dem Untersee: Patrick Strassburger ist wie jeden Tag früh auf den Beinen. Der 22-Jährige arbeitet hier – in einem abgelegenen Weiler – auf dem Hof seiner Eltern.

Ein Tag wie jeder andere für Strassburger. Und doch lebt er ein wenig anders als andere Bäuerinnen und Bauern in seinem Alter. Seit ein paar Jahren veröffentlicht er in den sozialen Medien, wie Instagram, Tiktok oder Youtube, unter dem Namen «Agrarfluencer» Videos aus seinem Leben als Jungbauer.

In seinen Kurzvideos erklärt er etwa den Einsatz von Düngern, wann Kühe auf die Weide dürfen, was Kuhmist zu dem Ökosystem beiträgt oder wie die Kirschenernte abläuft. Und erreicht damit Hunderttausende User.

Auf Instagram folgen Strassburger 14'500 Leute, auf Tiktok hat er fast 50'000 Follower. Damit ist er einer der erfolgreichsten Landwirtschaft-Influencer im deutschsprachigen Raum – und transportiert damit Wissen und Erklärungen in die Community. Die Videos sind professionell gemacht: mit schnellen Schnitten, farbigen Übergängen und passender Musik unterlegt, das Mikrofon situationsgerecht am Schraubenschlüssel montiert.

Mann mit schwarzem T-Shirt steht draussen mit verschränkten Armen.
Legende: Der 22-jährige Patrick Strassburger lebt und arbeitet auf dem Hof seiner Eltern in Steckborn TG. SRF/Christian Masina

Angefangen hat alles vor vier Jahren, als in der Schweiz über die Trinkwasserinitiative und die Pestizidinitiative diskutiert wurde. Damals hat er in den sozialen Medien Videos konsumiert, erzählt Strassburger. Die Videos dazu seien ihm zu einseitig gewesen: «Dann dachte ich: Das probiere ich auch. Ich war zwar nicht wirklich der Typ für vor der Kamera. Ich musste meine Komfortzone verlassen.»

Heutzutage haben viele Leute wenig bis gar keinen Bezug zur Landwirtschaft.
Autor: Patrick Strassburger «Agrarfluencer»

Schnell bekam er positives Feedback. Dadurch keimte die Idee auf, mit regelmässigen Videos den Leuten einen Einblick in den Bauernalltag zu geben – auch nach der Diskussion über die beiden Landwirtschaftsinitiativen.

«Heutzutage haben viele Leute wenig bis gar keinen Bezug zur Landwirtschaft», sagt der 22-Jährige. Weil er als Bauer teils andere Ansichten gehabt habe, habe er sich für die sozialen Medien entschieden. «Das hat so viel Potenzial, um viele Leute zu erreichen.»

Und das hat er erreicht. Die Videos produziert er in seinem ehemaligen Kinderzimmer. Alle Inhalte sind selbst gemacht, ohne Unterstützung.

Das Traktoren-Ranking als Dauerbrenner

Seine erfolgreichsten Videos haben allerdings nichts mit dem Alltag auf dem Bauernhof zu tun. In einer Reihe von Kurzvideos erklärt er jedes Jahr, welches die meistverkauften Traktoren in der Schweiz, Deutschland und Österreich sind. Diese Videos haben mehrere Hunderttausend Aufrufe.

Am Anfang sei er erstaunt gewesen, wie viele Leute tatsächlich seine Videos schauten, sagt Patrick Strassburger: «Die Zahlen waren eindrücklich. Ich vergleiche es mit einem vollen Fussballstadion und denke: Was? So viele Menschen schauen meine Videos?»

Erfolg lockt Kooperationen mit Firmen an

So viele, dass Strassburger mittlerweile auch für Firmen oder Verbände als Werbeträger interessant wird. Immer wieder geht er Partnerschaften ein. Dabei achte er aber immer, dass er auch hinter der Marke stehen kann.

Aufgrund des Erfolgs arbeitet Sohn Patrick noch 80 Prozent auf dem Hof seiner Eltern. Die anderen 20 Prozent gehören dem «Agrarfluencer», auch wenn das Internet auf dem abgelegenen Hof manchmal stockt. Die Arbeit im Stall ist der grössere Teil seines Lebens. Draussen, wo der schnelle Schnitt eher mit gemähtem Gras als mit Kurzvideos in Verbindung gebracht wird.

Regionaljournal Ostschweiz, 13.5.2025, 17:30 Uhr ; 

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