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Tod von Zürcher Jugendlichen Suchtmittel-Experte: «Mischkonsum bei Jugendlichen nimmt zu»

Am 16. August wurden in einer Wohnung im Zollikerberg zwei Jugendliche tot aufgefunden. Wie ein Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich zeigt, sind die beiden infolge einer Überdosis von Medikamenten gestorben. Die 15-Jährigen sollen verschiedene Medikamente gemischt haben, was zu einer Atemlähmung geführt hat.

Suchtmittel-Experte Domenic Schnoz warnt davor, dass der Mischkonsum von betäubenden und schmerzstillenden Medikamenten unter Jugendlichen zunimmt.

Domenic Schnoz

Suchtmittel-Experte

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Domenic Schnoz ist Leiter der Zürcher Fachstelle zur Prävention des Suchtmittelmissbrauchs.

SRF News: Ist das, was im Zollikerberg passiert ist, ein tragischer Einzelfall oder nehmen Fälle von Medikamenten-Missbrauch zu?

Dominic Schnoz: Abschliessend kann ich diese Frage nicht beantworten. Die Forschung dazu fehlt derzeit. Es gibt aber Hinweise darauf, dass solche Fälle zunehmen. Gemäss einer Studie ist die Quote von 2,8 Prozent auf 4,5 Prozent im Jahr 2018 angestiegen. Ich muss aber festhalten: Zum Thema Mischkonsum von Jugendlichen müsste dringend mehr geforscht werden.

Also weiss niemand so genau, wie verbreitet dieses Phänomen genau ist?

Wenn man den Prozentsatz von 4,5 hochrechnet, kommt man auf einen Jugendlichen pro Schulklasse, der schon einmal mit Medikamenten als Droge experimentiert hat. Diese Studie hat 15-Jährige untersucht, also sehr junge Menschen. Ausserdem dürfte die Dunkelziffer gross sein. Das ist doch beunruhigend.

Was können Sie in der Prävention bewirken, damit es möglichst wenig solche Fälle gibt?

Was uns auffällt: Viele Jugendliche denken, Medikamente seien weniger gefährlich als andere Drogen. Wenn wir mit Jugendlichen sprechen, hören wir heraus, dass die Hemmschwelle niedriger ist. Sie schlucken schneller eine Beruhigungspille als Kokain zu konsumieren. Die Jungen kennen die Risiken rund um den Mischkonsum nicht und sie wissen nicht, wie mit den Stoffen umgehen. Da braucht es sehr viel Aufklärungsarbeit.

Aber nicht nur die Jugendlichen wissen zu wenig, offenbar haben auch die Fachstellen zu wenig Informationen?

Das stimmt und es erschwert die Präventionsarbeit. Wir sollten dringend den Mischkonsum erforschen: Wer nimmt solche Medikamente als Rauschmittel, wieso machen sie das, wo machen sie es und so weiter. Zu diesem Zweck haben wir gemeinsam mit dem Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung einen Antrag gestellt beim Bundesamt für Gesundheit und Geld beantragt für eine Studie rund um den Mischkonsum von Jugendlichen.

Das Gespräch führte Dominik Steiner.

Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 10.09.2020, 17.30 Uhr ; 

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