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Schutzmassnahmen an Strommasten für Vögel kommen nicht
Aus HeuteMorgen vom 24.01.2023. Bild: Keystone/Sigi Tischler (Archiv)
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Todesfalle für grosse Vögel Stromfirmen verhindern sichere Strommasten für Vögel

Vom Bund angedachte Schutzmassnahmen für Vögel kommen nicht, weil sich die Strombranche wegen der Kosten wehrte. Vogelschutzverbände sind frustriert.

Strommasten sind Todesfallen für grosse Vogelarten. Mit ihren grossen Flügeln können sie Kurzschlüsse auslösen. Bei Störchen und Uhus zählt der Stromtod am Leitungsmasten zu den häufigsten Todesursachen. Nun wollten die Behörden die Stromfirmen verpflichten, alle Masten zu sichern. Doch die Strombranche hat sich erfolgreich gewehrt.

Wir hatten mit dem Bundesamt erhebliche Differenzen.
Autor: Michael Frank VSE-Direktor

Beispielsweise Uhus und Störche sind geschützte Tierarten. Uhus stehen sogar auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Die Todesfalle Strommast also ist ein Problem. Vor drei Jahren bereits wollte das Umweltdepartement deshalb die Stromfirmen in die Pflicht nehmen. Bis Ende 2030 sollten sie schweizweit alle Masten an den gefährlichen Stellen nachisolieren oder abdecken, doch nichts geschah.

Doch danach tat sich nichts

Jetzt ist auch der Grund klar. Die Strombranche hat sich massiv gewehrt und das mit Erfolg. Robin Poël vom Bundesamt für Umwelt bestätigt gegenüber Radio SRF: «Das Umweltdepartement hat letztes Jahr entschieden, die Revision zurückzustellen. Grund war vor allem die angespannte Situation auf dem Strommarkt.»

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Archiv: Strommasten sind tödliche Fallen für Vögel
Aus Tagesschau vom 10.01.2020.
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Die Sanierungspflicht ist vorerst vom Tisch. Dem Entscheid sind Verhandlungen zwischen den Behörden und der Strombranche vorausgegangen – genauer dem Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE. Doch man fand keinen Kompromiss. Die Stromwirtschaft warnte vor hohen Kosten. 600 Millionen Franken schätzte er. Das seien achtmal mehr als der Bund berechnet hatte.

Was bedeutet das für die Vogelpopulation?

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SRF-Wissenschaftsredaktor Christian von Burg sagt, was dieser Entscheid für den Artbestand heisst.

SRF News: Was bedeutet das für die Vogelbestand in der Schweiz?

Christian von Burg: Das betrifft die Vogelarten ganz unterschiedlich. Die Zahl der Weissstörche zum Beispiel hat in der Schweiz in den letzten Jahren massiv zugenommen, weil die Störche meist nicht mehr über die Sahara ziehen, sondern in Spanien landen und dort bleiben.

Auf den offenen Abfalldeponien dort finden sie viel Fressen. Das heisst, wenn einige dieser Störche dann bei uns auf den Mittelspannungsmasten zu Tode kommen, dann ist das zwar unnötig und schade, aber für den Weisstorchbestand insgesamt ist das derzeit nicht relevant.

Anders ist das bei Mönchsgeiern, die seit Neuestem im Sommer auch zu uns kommen. Diese Art pflanzt sich nur sehr, sehr selten fort und ist europaweit akut bedroht. Weil also jeder Mönchsgeier zählt, hat man zum Beispiel in Griechenland die Strommasten längst gesichert. Für bestimmte grosse Vogelarten ist es sehr wichtig.

Welche Faktoren sind relevanter für das Überleben der Vögel?

Die Vögel verlieren ihre Lebensräume und ihre Nahrung. Zum Beispiel die Feldlerche findet in den dicht gesäten Weizenfeldern kein Platz mehr zum Brüten und die Wiesen, die werden so stark gedüngt, dass bisher häufige Wiesenblumen verschwinden.

So verschwinden auch die Insekten, die auf und von den Blumen leben. Und die Vögel wiederum, die finden eben zu wenige Insekten als Futter für ihre Jungen. Dieser Prozess findet überall statt, in der ganzen Schweiz. Und er ist für die Vogelwelt insgesamt einschneidender als die Strommasten.

Letztlich wäre das zulasten der Stromkundinnen und -kundinnen gegangen. Überdies seien Schutzmassnahmen nicht in allen Fällen technisch möglich. Der Übungsabbruch zum jetzigen Zeitpunkt sei richtig, freut sich VSE-Direktor Michael Frank: «Wir hatten doch mit dem Bundesamt erhebliche Differenzen, sehr weit auseinanderliegende Kosteneinschätzungen.»

Vogelschutz ist frustriert

Vor diesem Hintergrund finde er es eine positive Nachricht, so der VSE-Direktor weiter. Auf der anderen Seite stehen Naturschützerinnen und Naturschützer. Raffael Ayé ist Geschäftsführer des Vogelschutzverbands Birdlife Schweiz und sagt, er sei frustriert über den Entscheid der Strombranche.

Das gibt ein Gefühl der Machtlosigkeit.
Autor: Raffael Ayé Birdlife Schweiz

Ayé betont: «Das gibt ein Gefühl der Machtlosigkeit. Es zeigt, wie stark Lobbyinteressen gewichtet werden. Man hat noch nicht begriffen, dass wir eine akute Biodiversitätskrise haben – global und noch verstärkt in der Schweiz.»

Die Strombranche widerspricht dem, denn die Branche würde neue und umgebaute Strommasten immer vogelsicher machen und auch würden nach Vorfällen mit getöteten Vögeln gezielt Masten aufgerüstet. Eine Sanierungspflicht für das ganze Land aber gibt es nicht.

Die Stromwirtschaft setzt sich durch und Vogelschützerinnen und -schützer fühlen sich im Stich gelassen.

HeuteMorgen, 24.01.2023, 06:00 Uhr (külc)

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72 Kommentare

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  • Kommentar von SRF (SRF)
    Der Tag neigt sich zu Ende, liebe Community. Wir danken für die spannende Diskussion und schliessen die Kommentarzeile. Erholen Sie sich gut! Liebe Grüsse, SRF News.
  • Kommentar von Felix Meyer  (gegen unwahre Wahrheit)
    Geschätzte 30 Mio Vögel werden von 1,7 Mio Katzen pro Jahr getötet. Dies ergibt pro Katze/Jahr 17,64 Vögel. Fragen: Wie viele Katzen sind gar keine Freigänger? Wie viele Katzen haben sich effektiv auf Vögel spezialisiert. Ich kenne zig Katzen, die hatten noch nie einen Vogel im Maul. Wie viele der Vögel wären sowieso gestorben? An Krankheiten, Hunger, Altersschwäche? Nicht jedes Vogelpaar bringt seine Brut zum Flügge werden. Werden all diese separat gezählt? Darum, wie kommt man auf diese Zahl?
    1. Antwort von Beat Reuteler  (br)
      Schon die Behauptung hat es in sich: "die hatten noch nie einen Vogel im Maul". Wie wenn das so eng beobachtet werden könnte. Die Zahl der Katzen die ohne Wissen der Besitzer Vögel jagen, ist sicher viel grösser als die Zahl der Katzen die keine Vögel jagen.
  • Kommentar von Xaver Reichart  (lovealllife)
    Und noch als Nachschlag:
    Liebe Stromwirtschaft hier eine kleine praktische Idee:
    Machen Sie doch eine Ausschreibung unter den Studenten der ETH: Wer die praktikabelste und kostengünstigste Lösung bringen kann erhält ein Promille vin den von Ihnen geschätzten Kosten von 700 Millionen.
    Ich bin mir sicher, dass Sie da ganz schnell gute und praktikable Lösungen finden, die einen Bruchteil Ihrer Schätzung kosten.
    Also wie wär's.
    Mit freundlichen Grüssen
    Xaver Reichart
    1. Antwort von Peter Rothe  (peterrothe)
      Ich habe mir das ganze kurz angeschaut und bin ein bisschen erschrocken. Gemäss Bundesamt für Energie wurde 2005 die Anzahl von allen Strommasten in der Schweiz auf eine Million geschätzt. [QuelleSP-Broschüre "Schweiz erneuerbar!" 2008]. Damit wären es 600-700 Franken pro Mast - welche sich in Material, Arbeit, Zugänglichkeit (z.b. via Helikopter), Abschaltungen etc verteilen.
      (@SRF: um wie viele Strommasten in der Schweiz handelt es sich und wie teilen sich die Kosten gem. VSE auf?)
    2. Antwort von SRF News (SRF)
      @peterrothe Guten Tag Peter Rothe, wir nehmen die Frage gerne auf. Liebe Grüsse, SRF News
  • Kommentar von Xaver Reichart  (lovealllife)
    Liebe Stromwirtschaft
    Wie wärs mit ein bisschen Kreativität und Flexibilität. Und wenn ihr das nicht selber habt, dann fragt doch entsprechende Firmen an.
    Es gibt doch für so etwas ganz sicherlich bei gutem Willen einfache und kostengünstige Lösungen. Es muss ja nicht immer gleich ein Rolls Royce sein.
    Ich könnte mir zum Beispiel ein Gestell aus beständigerm Kunststoff vorstellen, das oben drauf befestigt wird (Klebstoff, einfache Vorrichtung, ....)
    Oder kliegt es eher am guten Willen.
    XR
    1. Antwort von Peter Rothe  (peterrothe)
      @lovealllife: Eine Abdeckung, wie Sie im Video gezeigt wird?