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Femizide: Bund und Kantone rüsten auf
Aus Rendez-vous vom 01.04.2022. Bild: Keystone
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Tötungsdelikte an Frauen Notfallknopf für Femizid-Alarm: Private machen vorwärts

Angehörige einer getöteten Frau im Jura haben ein Alarmsystem aufgezogen. Auch Bund und Kantone prüfen Notfallsysteme.

Der 21. Oktober 2019 hat bei Géraldine Marquis tiefe Narben hinterlassen. Ihre Schwester wurde an diesem Oktobertag in Courfaivre erstochen – von ihrem Ex-Partner. Eine Woche, nachdem sie Klage gegen ihn einreichte, weil er sie bedroht hatte.

Ihnen sei nicht geglaubt worden, sagt Géraldine Marquis. «Weil wir nicht gehört wurden, sagte ich mir: Wir müssen etwas machen, auch für alle anderen Frauen. Ab dem Tag nach dem Mord haben wir begonnen zu arbeiten, damit es keinen zweiten Fall wie den von Mélanie gibt.»

Hilfsangebote sind gefragt

Daraus ist der Verein «Mel» entstanden – benannt nach dem Todesopfer. Mit dem Ziel, die Frauen besser zu schützen. Der Verein bietet Frauen Selbstverteidigungskurse an, aber auch Alarmsysteme im Haus. Diese lösen einen lauten Alarm aus, sobald sich jemand Zugang zum Haus verschafft. Der Alarm geht auch an eine private Sicherheitsfirma, welche die Polizei benachrichtigt und selbst hingeht.

Mann mit geballter Faust vor Frau
Legende: Tötungsdelikte an Frauen erschüttern immer wieder die Schweiz. In der Westschweiz sorgte kürzlich die versuchte Tötung einer Frau aus La Chaux-de-Fonds für Aufsehen. Und das Tötungsdelikt an einer Frau in Courfaivre im Kanton Jura vor über zwei Jahren. Keystone

Diese Angebote werden durch Spenden finanziert – und sie werden in Anspruch genommen. Sofort nach der Vereinsgründung seien Anrufe von Frauen eingegangen, sagt Géraldine Marquis: «Einen Monat später hatte ich schon viele Anrufe von Frauen, die sich nicht genügend sicher fühlen. Nach viereinhalb Monaten haben wir schon bei drei Frauen, die Klage gegen ihre Ex-Partner eingereicht haben, solche Alarmsysteme eingebaut.»

Bessere Überwachung potentieller Täter

Zwei dieser Alarmsysteme wurden im Kanton Jura eingerichtet, eines im Berner Jura. Dabei sind sich Géraldine Marquis und ihre Equipe bewusst, dass sie den Staat nicht ersetzen können. Sie informierten auch die Polizei über die Einrichtung der Alarmsysteme. Auch die Schweiz will Femizide mit einer besseren Überwachung vermeiden.

Vorbild ist Spanien. Dort tragen das Opfer und der Gefährder je einen GPS-Sender – wenn der Abstand nicht gewahrt wird, erklingt ein Warnsignal. Und bedrohte Frauen erhalten auf Wunsch einen Notfallknopf, mit dem direkt die Polizei alarmiert werden kann.

Der Einsatz von Notfallknöpfen ist kein Allheilmittel. Wenn ein Täter die feste Absicht hat, einem Opfer zu schaden, wird das auch mit dieser Massnahme nicht vollständig zu verhindern sein.
Autor: Claudio Stricker Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren KKJPD

Für den Bund und die Kantone koordiniert Claudio Stricker von der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren KKJPD die Suche nach einem System wie es Spanien hat: «Wir stellen uns grundsätzlich eine relativ ähnliche Umsetzung vor. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie so ein Notfallknopf zum Einsatz gelangen kann. Einerseits unabhängig von einem Gerät beim Täter. Andererseits in Verbindung mit einer Fussfessel, die beim Täter angebracht wird.»

Bund und Kantone unter Druck

In einem ersten Schritt soll es zu Pilotprojekten in einzelnen Kantonen kommen – noch dieses Jahr. Die elektronische Überwachung von bedrohten Frauen oder in selten Fällen auch Männern ist wichtig.

Man dürfe aber auch keine falschen Erwartungen wecken, sagt Claudio Stricker von der KKJPD: «Der Einsatz von Notfallknöpfen ist kein Allheilmittel. Wenn ein Täter die feste Absicht hat, einem Opfer zu schaden, wird das auch mit dieser Massnahme nicht vollständig zu verhindern sein.»

Währenddessen versuchen sich Frauen im Jura über den privaten Verein von Géraldine Marquis zu schützen. Das zeigt: Der Bund und die Kantone stehen unter Druck, diese Mittel zur technischen Überwachung rasch einzuführen.

Rendez-vous, 01.04.2022, 12:30 Uhr

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