- Simonetta Sommaruga hat beim Treffen der EU-Innenminister von ihren Amtskollegen gefordert, sich für den Zugang der UNO-Flüchtlingshilfe UNHCR zu den Flüchtlingslagern in Libyen einzusetzen.
- Denn dabei handle es sich «zum Teil um gefängnisähnliche Unterbringungen».
- Die europäischen Staaten hätten die Verantwortung, «sofort etwas für diese Menschen zu tun», so Sommaruga
Zwar sei es tatsächlich so, dass die «gefährlichen und zum Teil tödlichen Überfahrten übers Mittelmeer» in der letzten Zeit stark zurückgegangen seien, sagte die Schweizer Justizministerin weiter. Dies sei aber nicht die Lösung.
«Im Gegenteil: Wir haben sehr viele Menschen in Libyen, die unter unwürdigen Bedingungen leben.» Der Schutz von Menschenleben und die Wahrung der Menschenrechte von Migranten hätten höchste Priorität für die Schweiz, heisst es in einem Communiqué des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD).
Zudem müssten die europäischen Staaten gemäss Sommaruga jene Migranten unterstützen, die freiwillig in ihre Länder zurück wollen. Die Schweiz unterstütze finanziell Projekte der UNO-Migrationsagentur IOM, die Migranten bei ihrer Rückkehr in ihr Heimatland helfe.
Sommaruga plädiert für Neuansiedlungen
Die Bundesrätin begrüsste die verstärkten Bemühungen von Neuansiedlungen von Schutzbedürftigen (Resettlement), die vom UNHCR in Drittstaaten vor Ort als Flüchtlinge anerkannt wurden. Man müsse vermehrt über solche und andere Wege der legalen Migration von Afrika nach Europa reden, sagte die Justizministerin hierzu.
Aktuell läuft ein Resettlement-Programm der EU, wodurch 40'000 Schutzbedürftige in die EU gebracht werden sollen. Noch bis Ende Woche können die EU-Staaten melden, wie viele Flüchtlinge sie aufnehmen wollen.
Nächstes Treffen in der Schweiz
Die Schweiz hat ebenfalls ein solches Resettlement-Programm gestartet und nimmt regelmässig Flüchtlinge auf. Bis Ende August 2017 waren es laut EJPD rund 2000 Personen.
Am Rande des Treffens sprach Sommaruga auch mit dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière und mit Italiens Innenminister Marco Minniti. Dabei ging es um das nächste Treffen der Kontaktgruppe für das Mittelmeer, das Anfang November in der Schweiz stattfinden wird.
Umsiedlung von Flüchtlingen
Eine positive Bilanz für die Schweiz zieht Sommaruga beim Umsiedlungsprogramm von Asylsuchenden aus Italien und Griechenland, das am 26. September offiziell ausläuft. Die Schweiz werde ihre Zusage bis Ende Jahr einhalten, 1500 Schutzbedürftige aus Italien und Griechenland zu übernehmen.
«Aber das Programm funktioniert nur, wenn alle dabei mitmachen.» Trotzdem gebe es immer noch Staaten, die sich nicht daran beteiligten. «Das ärgert mich. Denn ohne Solidarität kann man in Europa keine Flüchtlingspolitik machen.»
EuGH wies Klage ab
Sommaruga spielte damit auf Staaten wie Polen und Ungarn an, die noch keinen einzigen Flüchtling übernommen haben. Nach dem Entscheid 2015, Schutzbedürftige umzusiedeln, hatten Ungarn und die Slowakei gegen den Beschluss geklagt.
Der EU-Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg wies die Klage kürzlich ab. Während Bratislava das Urteil akzeptiert, weigern sich Warschau und Budapest weiter, Asylsuchende zu übernehmen.