An ihrem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel hat die Schweizer Verteidigungsministerin, Bundesrätin Viola Amherd, die Wünsche der Schweiz an einer verstärkten Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsbündnis erläutert. Stoltenberg habe ihr bestätigt, dass die Nato dafür offen sei, sagte Amherd nach dem Treffen.
Anschliessend kam es zu einem Austausch mit Vertretern und Vertreterinnen des Nordatlantikrates (NAC), dem zentralen politischen Entscheidungsgremium der Nato. Thema waren «die Möglichkeiten einer verstärkten sicherheitspolitischen Zusammenarbeit» zwischen der Nato und der Schweiz. Nach dem Treffen sprach Viola Amherd mit SRF News über die vertiefte Zusammenarbeit.
SRF News: Sie haben heute als erste Bundesrätin beim Nordatlantikrat teilgenommen. Welche Bedeutung hat dieser Besuch?
Viola Amherd: Das ist ein wichtiger Besuch, weil wir die Zusammenarbeit mit Partnerstaaten, der EU, aber auch der Nato verstärken wollen, um die Sicherheit der Bevölkerung noch stärker zu verbessern.
Die Schweiz erlaubt die Wiederausfuhr von Waffen und Munition an die Ukraine durch Nato-Staaten nicht. Inwiefern war das ein Thema bei den Gesprächen?
Das war natürlich ein grosses Thema. In jedem Votum, das im Rat gemacht wurde, wurde darauf hingewiesen. Und es wurde auch gesagt, es werde verstanden, warum die Schweiz nicht direkt Waffen in ein Kriegsgebiet liefert. Was aber nicht verstanden wird, ist, dass die Schweiz die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial verbietet.
Dass die Schweiz die Wiederausfuhr von Kriegsmaterial verbietet, wird nicht verstanden.
Dieses mangelnde Verständnis, steht das einer engeren Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Nato entgegen, etwa auch einer Teilnahme bei Übungen im Zusammenhang mit dem Artikel 5 der Nato?
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Artikel 5 des Nato-Vertrags
ist die «Beistandsklausel» aller Nato-Staaten bei einem Angriff auf ein Nato-Land.]
Grundsätzlich wurde die verstärkte Zusammenarbeit mit der Schweiz sehr positiv bewertet. Auch die Nato will das. Es wurde keine Abhängigkeit gemacht, nicht im Sinne einer Erpressung. Aber es wurde deutlich die Botschaft an mich herangetragen, dass die Schweiz dieses Regime eines Wiederausfuhr-Verbots doch überdenken sollte.
Manche sagen, dass die Schweiz von der Sicherheitsarchitektur in Europa profitiere, aber nicht so viel dazu beitrage. Ist die Schweiz da eine Trittbrettfahrerin?
Die Schweiz profitiert geografisch natürlich vom Schutz der umliegenden Länder und der Nato. Wir leisten aber bereits einen Beitrag, es gibt schon eine Zusammenarbeit. Was heute speziell verdankt wurde, ist der Einsatz der Schweiz mit der Swisscoy im Kosovo. Das ist auch für die Stabilität und Sicherheit Europas wichtig, das wurde explizit anerkannt. Aber ich habe auch klar gesagt, dass die Schweiz ihre Aufgaben auch machen und einen Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten will.
Wie könnte ein solcher stärkerer Beitrag der Schweiz aussehen?
Zunächst muss die Schweiz selber ihre Verteidigungsfähigkeit stärken, damit wir nicht eine Lücke in Europa darstellen. Dann müssen wir die Interoperabilität verstärken, damit wir mit anderen zusammenarbeiten können und wir müssen vermehrt an Übungen teilnehmen, auch Stabsstellen besetzen.
Zunächst muss die Schweiz selber ihre Verteidigungsfähigkeit stärken.
Der US-Botschafter in der Schweiz hat gesagt, dass sich «die Schweizer Neutralität in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg» befinde. Wie sehen Sie das?
Ich kommentiere das nicht. Ich stelle fest, dass die Neutralität in der Schweiz angesichts der sicherheitspolitischen Lage stark diskutiert wird. Das ist für unser Land auch wichtig, dass dieses Identitätsmerkmal in der Schweiz diskutiert wird.
Das Gespräch führte Andreas Reich.