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Neue Bäume braucht die Stadt
Aus SRF 4 News vom 09.10.2023. Bild: Keystone/Gaetan Bally
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Trotz Kampf gegen Hitze Darum gibt es immer weniger Bäume in Städten

In der Stadt Zürich gibt es jedes Jahr weniger Bäume. Das gaben die Verantwortlichen letzte Woche bekannt. Bäume in der Stadt werden aber angesichts der Klimaerwärmung immer wichtiger, weil sie die Hitze in den Städten reduzieren können. Stadtklimaforscher Moritz Gubler ordnet die neuesten Zahlen ein.  

Moritz Gubler

Moritz Gubler

Wissenschaftlicher Assistent, PH Bern

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Moritz Gubler hat Geografie und Klimawissenschaften an den Universitäten Zürich und Bern sowie an der ETH Zürich studiert. Er ist Stadtklimaforscher an der Universität Bern.

SRF News: Warum sind Bäume wichtig für Städte?

Moritz Gubler: Bäume sind wichtig, weil sie Schatten spenden und dadurch kühlen. Ein ausgewachsener Laubbaum kann ausserdem bis zu 400 Liter Wasser pro Tag verdunsten und dadurch zusätzlich die Umgebung kühlen. Gleichzeitig filtern sie auch Luftschadstoffe aus der Luft und haben einen positiven Effekt auf unsere mentale und psychische Gesundheit.

Die Bäume auf Siedlungsflächen gehen gesamtschweizerisch zurück.

Warum gibt es in der Stadt Zürich immer weniger Bäume?

Das hat mehrere Gründe. Auf privatem Grund ist es oftmals der Aufwand für die Pflege und damit verbundene Kosten. Im öffentlichen Raum hingegen gibt es unterschiedliche Druckfaktoren auf Bäume. Einerseits wollen wir immer mehr Dienstleistungen, die nur über unterirdische Leitungen möglich sind, wie schnelles Internet und Glasfaserverbindungen. Das heisst, der Wurzelraum von Bäumen ist eingeschränkt. Andererseits ist auch der Kronenraum, also die Blätter und Äste des Baumes, eingeschränkt in der Stadt, denn wir brauchen Platz für Stromleitungen, für Trolleybusse oder Trams.

Weniger Bäume in der Stadt Zürich

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Alle vier Jahre wird die Fläche der Baumkronen in der Stadt Zürich durch Messflüge mittels Laserabtastung der Oberfläche errechnet und die Daten anschliessend mit den Vorperioden verglichen. Die aktuellen Daten zeigen, dass diese Flächen im Siedlungsgebiet von 2018 bis 2022 um 64 Hektar abgenommen haben. Das entspricht der Fläche von 90 Fussballfeldern.

Grund dafür sind rege Bautätigkeit und Naturereignisse. Für den Stadtrat sind das keine guten Zeichen. «Die Zahlen sind schlecht», sagte SP-Stadträtin Simone Brander letzte Woche vor den Medien. Eigentliches Ziel wäre ein Bedeckungsgrad von 25 Prozent durch die Baumkronen. Seit 2014 hat diese Zahl jedoch um 2 Prozent auf 15.4 Prozent abgenommen. Die Kronenfläche ist die Summe aller von Bäumen beschatten Flächen.

Mit verschiedenen Massnahmen wie Fördermöglichkeiten für Private, Erweiterung des Baumschutzes, Anpassung von Baunormen und zusätzlichen Pflanzungen will die Stadt nun gegensteuern. (sda)

Heisst das, dass auch in anderen Schweizer Städten die Bäume zurückgehen?

Ja, die Bäume auf Siedlungsflächen gehen gesamtschweizerisch zurück. Aber es gibt auch Ausnahmen, beispielsweise auf dem Stadtgebiet von Bern. Da hat der Baumbestand in den letzten 24 Jahren laut Stadtgrün um 17 Prozent zugenommen.

Ein Gaertner der Grün Stadt Zürich kontrolliert und pflegt Strassenbäume.
Legende: Laut Grün Stadt Zürich reduzieren rege Bautätigkeit und Naturereignisse die Baumkronenfläche in der Stadt. KEYSTONE/Gaetan Bally

Worauf führen Sie das zurück?

Ich denke, das liegt vor allem am relativ strengen Baumschutzgesetz. In der Stadt Bern stehen fast sämtliche Bäume unter Schutz. In einer strengeren Zone A ab einem Durchmesser von zehn Zentimetern und im übrigen Stadtgebiet der Zone B bereits ab 25 Zentimeter Durchmesser.

Das heisst, es braucht eine Einwilligung der Stadt, wenn ich einen Baum im Schutzgebiet A fällen möchte?

Genau. Gleichzeitig muss auch ein neuer Baum gepflanzt werden, auf dem eigenen Grundstück oder in Ausnahmefällen auf einem anderen anliegenden Grundstück.

Man könnte den Wert von Bäumen für das Stadtklima, für die Gesundheit und für das Wohlbefinden hervorstreichen.

Was gibt es für Möglichkeiten, um Private zu motivieren, ihre Bäume nicht zu fällen?

Man könnte zum Beispiel finanzielle Anreize setzen, indem man einen gewissen Betrag ausbezahlt, wenn man einen Baum über einige Jahre erhält oder einen neuen pflanzt. Andererseits könnte man auch aufwandsbezogene Unterstützungsleistungen anbieten, die Stadt könnte zum Beispiel die Baumpflege gratis erledigen für Privatgrundbesitzerinnen und -besitzer. Oder man könnte den Wert von Bäumen für das Stadtklima, für die Gesundheit und für das Wohlbefinden hervorstreichen und dadurch den Wert der städtischen Bäume steigern lassen.

Wenn eine Stadt Bäume fällt, stören sich viele Leute daran. Bei Hausbesitzern hingegen sieht das anders aus. Wie erklären Sie diesen Unterschied?

Grundsätzlich ist es immer einfacher, gegen eine öffentliche Institution aufzubegehren als gegen private Grundbesitzer. Insbesondere, wenn es dann noch der Nachbar oder die Nachbarin ist. Andererseits leben wir in einer stark individualistisch geprägten Gesellschaft. Das heisst, die persönliche Freiheit des Individuums wird sehr stark gewichtet und die gemeinwohlorientierten Aspekte werden teilweise weniger stark gewichtet.

Das Gespräch führte Nicole Roos.

SRF 4 News, 05.10.2023, 16:00 Uhr;

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