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Trockenheit und Baumsterben Bäume und Klima: Die schwierige Suche nach dem Wald der Zukunft

Der Wald steht unter Druck. Aufgrund von Klimaerwärmung und Trockenheit sterben vor allem Fichten und Buchen. Aber auch andere Bäume wie die Edelkastanie sind betroffen. Was tun, wenn der Wald schlapp macht? Welche Baumarten sind zukunftsfähig und klimaresilient? Eine Art Baum-Casting soll helfen.

Der Klimawandel macht vielen Baumarten zu schaffen, besonders den Fichten und Buchen. In einigen Gegenden im Mittelland und im Jura sind die Kronen bereits sichtbar geschädigt, ihre Nadeln und Blätter «verbraunen» im Sommer vorzeitig und bis zu 10 Prozent dieser Bäume sterben in Folge ganz ab. Zu diesem Schluss kommt die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in ihren Studien.   

Auch der Botaniker Ansgar Kahmen von der Universität Basel beobachtet in seinem Waldlabor in Hölstein in Baselland, dass durch Hitzestress ein Baum langfristig geschwächt wird. «Wenn die Leitbahnen der Bäume einmal mit Gas gefüllt sind, kann der Wassertransport im Bauminneren einer Buche nicht mehr ausreichend funktionieren». Die Schäden seien irreversibel und hätten Auswirkungen auf Wachstum und Widerstandsfähigkeit eines Baumes. Geschädigte Bäume sind anfälliger für Schädlinge, wie zum Beispiel den Borkenkäfer.

Ohne Wald kein Leben

Doch ohne Wald kein Leben. «Der Wald bietet Lebensraum für Pflanzen und Tiere; er schützt vor Naturgefahren wie Steinschlag und Lawinen und dient als Wasserreservoir», sagt Förster Ueli Meier. Der 62-Jährige leitet das Amt für Wald beider Basel. Darüber hinaus spiele der Wald eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Klimawandel: Ein Baum bindet Treibhausgase, in dem er Kohlenstoffdioxid im Holz speichert und Sauerstoff in die Luft abgibt.  

Wenn Baumarten ausfallen, weil sie der Klimaerwärmung nicht standhalten, dann muss man sie ersetzen. Der Bericht zur «Anpassung des Waldes an den Klimawandel», der im Dezember 2022 vom Bundesrat verabschiedet wurde, empfiehlt deshalb vielfältige und klimaresistente Mischbestände im Schweizer Wald. Und auch sogenannte Nebenbaumarten, die bislang eher ein Nischendasein fristeten, sollen stärker berücksichtigt werden. Doch woher weiss ein Förster wie Ueli Meier, welcher Baum sich in der Praxis langfristig bewährt?

Ein Baum-Casting soll helfen

Auf rund fünfzig Testflächen in der Schweiz findet deshalb eine Art Casting für den Baum der Zukunft statt. So galt bislang die nordamerikanische Douglasie, ein Nadelbaum, als probater Ersatz für die heimisch strauchelnde Fichte. Es hiess, sie sei besonders resistent gegen Hitze, Dürre und Schädlinge.

Allerdings haben Forschende der WSL jetzt beobachtet, dass auch die Douglasie vom Borkenkäfer befallen wird. Ähnlich ernüchternd fällt die Bilanz zur Esche aus. Sie galt bis vor wenigen Jahren noch als zukunftsfähiger «Klimabaum»: Auch über längere Trockenheitsphasen kann sie ihre Wasserversorgung aufrechterhalten. Doch dann trat das sogenannte Eschentriebsterben auf, das durch einen Pilz verursacht wird; viele Eschen starben bereits.

Ueli Meier setzt deshalb auf einen behutsamen Waldumbau. Buchen oder Flaumeichen, die bei uns bereits heimisch sind, könnte man aus dem Süden in die Schweiz migrieren. Das hätte den Vorteil, dass man die genetische Vielfalt erhöht, ohne das bestehende Ökosystem zu stören. Ueli Meier: «Wir haben nicht nur eine Verantwortung für Bäume, sondern auch für ein Ökosystem. Nur wenn es uns gelingt, das Ökosystem aufrechtzuerhalten, haben wir auch eine Chance, die Waldleistung aufrechtzuerhalten.»

 

SRF 2 Kultur, Kontext, 09.06.2023, 06:05 Uhr

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