Nach einem mehrjährigen Rechtsstreit knickte Uber ein: Anfang Dezember hat das Unternehmen einem ehemaligen Fahrer des mittlerweile eingestellten Fahrdienstes Uber-Pop Lohn nachbezahlt. Auf Geheiss des Waadtländer Obergerichts. Es ist das erste Mal, dass der Konzern ein Gerichtsurteil in der Schweiz akzeptiert, welches das Geschäftsmodell Uber in Frage stellt und das Unternehmen als Arbeitgeber taxiert.
«Kein Präjudiz, aber ein sehr wichtiges Urteil»
«Uber hat wohl den Gang vor Bundesgericht gescheut, um kein Präjudiz zu schaffen», mutmasst Thomas Geiser, emeritierter Professor für Arbeitsrecht der Hochschule St. Gallen. Trotzdem sei das Urteil wegweisend, sagt Geiser. «Gerichte in anderen Kantonen werden nicht darum herumkommen, sich mit diesem Urteil auseinanderzusetzen. Es begründet sehr ausführlich, warum zwischen Uber und seinen Fahrern ein Arbeitsverhältnis besteht. Andere Gerichte müssten schon sehr gute Argumente haben, um das zu widerlegen.»
Ich habe gemerkt, dass ich nach Abzug aller Spesen kaum etwas verdiene.
Fahrer klagen an mit Unterstützung der Gewerkschaft
Der 24-jährige Uber-Fahrer C.K. aus Zürich will nun aufgrund des Waadtländer Urteils gegen den Fahrdienst Uber klagen. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Unia. «Ich habe gemerkt, dass ich nach Abzug aller Spesen kaum etwas verdiene. Dieses Geld, sowie andere Lohnbestandteile wie Ferien- oder Nachtarbeitsentschädigung fordere ich nun von Uber nachträglich ein», sagt der Student.
Für diesen Gang vor Gericht reiche ein einfaches Verfahren mit einem Streitwert unter 30'000 Franken aus, sagt Gewerkschafter Roman Künzler. Der Klage beifügen will man das Waadtländer Urteil. «Ich gehe davon aus, dass das jetzt viele Fahrer machen werden, denn es ist einfach und geht auch ohne Anwalt. Da kommt wohl etwas auf Uber zu», sagt Roman Künzler.
Fahrdienst Uber wartet ab
Der Fahrdienst Uber gibt sich derweil gelassen. Juristisch schätzt er das Urteil ganz anders ein. Es könne weder generalisiert noch auf andere Fahrer angewendet werden. Uber sagt, sie hätten zudem «zahlreiche Funktionen eingeführt, die den Fahrerinnen und Fahrern noch mehr Kontrolle und Unabhängigkeit bieten, wie zum Beispiel die Möglichkeit, eigene Preise festzulegen.»
Arbeitsrechtler kritisiert die untätigen Kantone
Deutschschweizer Kantone wollen trotz des rechtskräftigen Urteils aus der Waadt nach wie vor keine Kontrollen bei Uber-Fahrern durchführen. Die von «Kassensturz» angefragten Kantone Zürich, Basel, Bern, Luzern, Aargau und Zug verweisen auf ausstehende Entscheide im eigenen Kanton oder das hängige Verfahren vor dem Zürcher Sozialversicherungsgericht. Dieses werde abschliessend klären, welchen Status das Unternehmen Uber und dessen Fahrer haben.
Für Arbeitsrechtsprofessor Thomas Geiser ist diese Haltung unverständlich: «Wir haben ein Urteil, das klipp und klar sagt, es besteht ein Arbeitsverhältnis. Es geht hier um Arbeitsrecht, die Behörden müssen dies anerkennen und entsprechende Kontrollen durchführen. Wenn sie das nicht tun, machen sie ihre Arbeit nicht.»