Albert Ott versteht die Welt nicht mehr. Er sei immer ein guter Trainer gewesen, sagt er. Das würden ihm alle bestätigen. Nun ist er für zwei Jahre gesperrt, «wegen ein paar dummen Sprüchen», wie er es in der «Rundschau» nennt. Ott wurde von der Disziplinarkammer von «Swiss Olympic» wegen «Verletzung der sexuellen Integrität» verurteilt.
Wiederholte verbale Grenzüberschreitungen
Die Spielerinnen, die ihren Trainer vor anderthalb Jahren beim FC Affoltern am Albis gemeldet haben, sehen sein Fehlverhalten nicht als Bagatelle. «Wenn jemand null einsichtig ist und meint, solche Sprüche seien normal, dann muss er mit Konsequenzen rechnen», sagen sie. Das Urteil gegen ihn empfinden sie als zu mild. Aber: «Unser Ziel war, dass Ott nie mehr Trainer sein wird. Das haben wir erreicht.» Ihre Überlegung: Nächstes Jahr wird Ott 67 – und ist womöglich zu alt, um neue Spielerinnen zu trainieren.
Lange haben die Sportlerinnen das Spiel mitgemacht. Albert Ott machte ihnen zweideutige Komplimente, sie beschwerten sich bei ihm, er sagte, er sei halt «ein offener Typ.» Ott verschickte Textnachrichten per Handy – auch spätabends. Darin fragte er eine Spielerin: «Warum trägst du mit sooo schönen Augen eine Sonnenbrille?», einer anderen gestand er: «Ich träume sehr oft von dir.»
Erst als eine Spielerin beim Aufräumen nach dem Training alleine mit Ott auf dem Platz steht und er sie fragt, ob sie mit ihm nach Las Vegas reisen möchte – «das Zimmer können wir uns ja teilen» – ist das Mass voll. Die Spielerin meldet den Vorfall dem Verein. «Ich kenne den Mann ja kaum, ausserdem ist er über 40 Jahre älter als ich», sagt die Spielerin.
Spielerinnen sind vom Verein enttäuscht
Die Meldung ging an den Vorstand des FC Affoltern. Vorstandsmitglied Michael Romer sagt dazu: «Der Trainer hat uns gegenüber die Anschuldigungen bestätigt. Da war für uns der Fall klar. Wir haben den Vertrag aufgelöst, Ott musste am gleichen Abend die Schlüssel abgeben.» Der Verein machte Meldung bei der Ethikstelle «Swiss Sport Integrity» (SSI).
Trainer Ott ist nicht nur bis Dezember 2024 gesperrt, er muss auch 20 Coachingstunden bei einem Psychiater absolvieren. Dort soll er ein «angemessenes Verhalten» gegenüber Athletinnen üben.
Da sich der Trainer während der Untersuchung nicht einsichtig gezeigt habe, wurde sein Strafmass erhöht. Carl Gustav Mez, Vorsitzender der Disziplinarkammer, sagt dazu in der «Rundschau»: «Wir haben bald gemerkt, dass es mit Otts Einsicht nicht weit her ist. Wir kamen zu dem Schluss, dass es notwendig ist, bei diesem Trainer die Sanktion zu erhöhen.»
Das Frauenfussball-Team, das Ott bis im Februar 2022 trainiert hat, existiert nicht mehr. Die Frauen verliessen den Verein. Sie fühlten sich vom Vorstand des FC Affoltern am Albis nicht ernst genommen.