Freiburg, Dienstagnacht, Neigles Quartier: Die Feuerwehr rückt aus, um die Siedlung am Flussufer vor Überschwemmungen zu schützen. Zu spät – Wassersperren in Form von Beaver-Schläuchen konnten bereits nicht mehr installiert werden, weil das Wasser schon zu hoch stand.
Auch die Wassersperren, die die Einsatzkräfte noch installierten, nutzten nichts mehr. Sie mussten später in der Nacht wieder abgebaut werden, weil sie sonst ebenfalls von den Fluten mitgerissen worden wären.
«Um halb drei Uhr kam eine riesige Wasserwelle auf uns zu. Die Sperren hielten diesem Druck nicht mehr stand» sagt Beat Betschart, der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Freiburg. Doch wie kam es so weit?
Als der Piketttrupp auf Platz ankam, hat er die Katastrophe schon gesehen.
«Gegen 22 Uhr haben wir erfahren, dass die Saane stark ansteigt und weiter ansteigen wird. Wir sind sofort mit einem Pikett ausgerückt. Als dieses in der Route des Neigles eintraf, hatte er die Katastrophe bereits gesehen und wusste, dass es eskalieren würde», sagt Beat Betschart.
«Wir wurden vom Kraftwerkbetreiber Groupe E schlecht informiert. Sie haben uns gesagt, es würden 590 Kubikmeter Wasser in der Sekunde kommen. Schon um Mitternacht waren es fast 670. Wir konnten uns natürlich nicht auf einen derartigen Wasserfluss vorbereiten», so Betschart. Die Informationen seien nicht nur falsch gewesen, sondern auch viel zu spät eingetroffen.
Auch die Bevölkerung sei nicht rechtzeitig gewarnt worden. Zwar gebe es ein SMS-Alarmsystem des Bevölkerungsschutzes. «Die Information, dass die Groupe E so viel Wasser aus den Stauseen ablassen würde, ist allerdings auch nicht bis zu ihr gekommen», bemerkt Beat Betschart.
«Die Groupe E hat die Folgen der Ereignisse so gut eingeschätzt, wie es möglich war», kontert Yves-Laurent Blanc, Mediensprecher des Energieunternehmens Groupe E. «Wir haben den Kanton bereits am Montag über die möglichen Unwetter informiert. Zudem haben wir den Spiegel des Greyerzersees um zwei Meter gesenkt und schon am Dienstag um 14 Uhr Wasser abgelassen, um die Wasservolumen aufzufangen.»
Auch sie seien aber am Dienstagabend überrascht worden: «Der Wasserspiegel am Greyerzersee ist unvorhergesehen schnell gestiegen. Wir haben dann versucht, unsere Abläufe so gut wie möglich anzupassen. Aber am Schluss waren auch unsere Anlagen überfordert», so Blanc weiter, «schlussendlich waren es nicht unsere Ausschüttungen, die zur Überschwemmung geführt haben, sondern die sehr unerwarteten und schnellen Anstiege des Wasserspiegels.»
Sie hätten die Feuerwehr gerne früher informiert, dies sei jedoch nicht möglich gewesen. «Hätten wir es besser machen können? Vielleicht. Aber im Moment ist es noch zu früh zu sagen. Wir werden nun mit dem Kanton sprechen und schauen, wo es Verbesserungspotential gibt.»
Mit Blick auf die Zukunft wolle man eine App entwickeln, auf der Daten wie etwa der Wasserstand zu sehen sind. Weiter habe man das Glück, entlang der Saane verschiedene Staumauern zu haben. «Dies erlaubt es uns, den Wasserspiegel gut zu regulieren», schliesst Yves-Laurent Blanc, Mediensprecher der Groupe E.
Ob Apps, bessere Kommunikation und Regulierungen der Wassermenge die Freiburger Unterstadt in Zukunft vor Überschwemmungen schützen können, wird sich zeigen.