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Ueli Maurer zieht Bilanz «Die Schweiz redet mit allen»

Es war sein zweites Jahr als Bundespräsident. Stets im Auftrag der wirtschaftlichen und humanitären Interessen des Landes – und das gleichberechtigt, wie er findet, trotz Kritik an seinen Besuchen zum Beispiel in Saudi Arabien. Aber auch Libra, die EU und die finanzielle Stabilität des Landes haben den Aussenminister beschäftigt.

Ueli Maurer

Alt-Bundesrat

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Ueli Maurer ist 1950 geboren. Er erwarb das eidgenössische Buchhalterdiplom und war von 1994 bis 2008 Geschäftsführer des Zürcher Bauernverbandes. Bis Ende 2008 war er auch Präsident des Verbandes Schweizerischer Gemüseproduzenten und des Schweizer Maschinenrings. Zudem war Maurer von 1996 bis 2008 Präsident der SVP Schweiz. Von 1991 bis zu seiner Wahl in den Bundesrat war er Nationalrat. Der SVP-Politiker war von 2009 bis 2022 Bundesrat, bis 2016 Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) und danach Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD).

SRF: Herr Bundespräsident, Sie haben Bilanz über ihre vier Jahre als Finanzminister gezogen. Die Schweiz hat stabile Finanzen. Sind Sie darauf besonders stolz?

Die Stabilität der Schweiz und die stabilen Finanzen sind das wichtigste Plus der Schweiz im internationalen Wettbewerb. Wenn Firmen in die Schweiz kommen, dann kommen sie besonders deshalb. Das braucht es auch in Zukunft. Das ist das Erfolgsrezept der Schweiz.

Sie haben in Ihrer Bilanz auch einen Ausblick auf Kryptowährungen geboten, Stichwort Libra. Hat Libra so wie sie momentan aufgegleist ist, überhaupt eine Chance?

Ich glaube nicht, weil der Währungskorb, der dieser Währung hinterlegt wird, so durch die Nationalbanken nicht akzeptiert wird. Damit ist das Projekt in dieser Form eigentlich gescheitert.

Libra ist in dieser Form eigentlich gescheitert.

Sie haben auch auf Ihr Präsidialjahr zurückgeblickt. Was ist Ihre persönliche Bilanz?

Ich denke, es ist gelungen, einige Projekte in der Schweiz abzuschliessen, die uns teilweise 15 Jahre verfolgt haben. So gesehen war es ein erfolgreiches Jahr. Wir haben für sehr viel Stabilität gesorgt. International haben wir die Schweiz, die eigentlich zweigeteilt ist – einerseits wirtschaftlich, andererseits humanitär – recht gut verkauft. Ich würde sagen, das war ein gutes Jahr für die Schweiz.

Ich würde sagen, das war ein gutes Jahr für die Schweiz.

Sie sind auffallend viel gereist. Wieso eigentlich?

Wir brauchen Verbündete für die OECD-Steuerreform. Länder, die die gleichen Interessen haben. Da braucht es diese Kontakte. Zudem hat die Schweiz humanitäre Schutzmandate. Gerade auch im Mittleren Osten. Ich habe Rohani, die Saudis, den amerikanischen und russischen Präsidenten getroffen. Das ist die humanitäre Schiene der Schweiz, die ebenso wichtig ist wie die wirtschaftliche.

Bei der EU-Kommission waren Sie nicht. War das ein bewusster Entscheid?

Ich habe mich wirklich das ganze Jahr bemüht, einen Termin zu erhalten. Das hat leider nicht geklappt. Ich habe aber acht Staatspräsidenten und alle Finanzminister und andere Vertreter getroffen. In Brüssel, hatte ich den Eindruck, waren wir nicht willkommen.

In Brüssel, so hatte ich den Eindruck, waren wir nicht willkommen.

Sie hatten auffallend viele Treffen mit Vertretern von Grossmächten. Ist es wirklich sinnvoll, dass die Schweiz mit Grossmächten an einen Tisch sitzt? Wir haben ja zum Teil unterschiedliche Interessen.

Selbstverständlich, die Schweiz ist wirtschaftlich gesehen auch eine Grossmacht. Wir haben unsere Interessen zu vertreten. Wir haben mit all diesen Grossmächten auch Kontakt und gute Beziehungen, zum Teil seit Jahrhunderten. Die müssen wir weiter pflegen. Die Schweiz spricht mit allen.

Wir haben uns im Parlament bei den Aussenpolitikern umgehört. Die Meinungen über das Präsidialjahr gehen enorm auseinander. Waren Sie ein Bundespräsident, der polarisiert hat?

Natürlich höre ich die Kritik auch. Aber mich erreichen mehrheitlich positive Rückmeldungen. Ich würde aus diesen Reaktionen schliessen, dass man im Grossen und Ganzen die Aktivitäten begrüsst hat. Meiner Ansicht nach haben sie der Schweiz genützt.

Ihre Treffen mit Exponenten der saudischen oder russichen Regierung wurden besonders kritisiert. Wieso waren die Treffen trotzdem sinnvoll?

In Saudi Arabien hatten wir etwas aufzuräumen. Das Land ist ein Teilpartner der ganzen mittelöstlichen Geschichte. Der Iran, die USA und auch Russland spielen eine Rolle. Wer, wenn nicht die Schweiz, soll mit diesen Ländern in Kontakt treten und versuchen, gewisse Kanäle zu öffnen?

Wer, wenn nicht die Schweiz soll mit diesen Ländern in Kontakt treten?

Manche kritisieren, Sie hätten sehr stark die wirtschaftlichen Interessen des Landes verfolgt und dafür die humanitäre Tradition vernachlässigt.

Es war immer gleichberechtigt, würde ich sagen. Aber wenn man etwas kritisieren will, findet man immer ein Haar in der Suppe.

Was wünschen Sie Ihrer Nachfolgerin Simonetta Sommaruga?

Viel Spass, und manchmal auch eine halbe Stunde für sich selbst.

Das Gespräch führte Andy Müller.

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