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Ueli Maurers Präsidialjahr Reges Händeschütteln mit Machthabern

In seinem ersten Präsidialjahr vor sechs Jahren zeigte sich der SVP-Bundesrat demonstrativ zurückhaltend mit Auslandsvisiten. Diesmal mutierte Ueli Maurer zum Vielflieger, absolvierte mehr Präsidialbesuche in deutlich wichtigere Länder. Er verband seine Rolle als Finanzminister mit jener des Bundespräsidenten und suchte möglichst viele Wirtschaftsmächte auf.

Ueli Maurer war der erste Schweizer Bundespräsident, der ins Weisse Haus eingeladen wurde. Das ist bemerkenswert. Doch die kurzfristig vorbereitete Visite zeigte bisher keine sichtbaren Erfolge in dem Dossier, das er voranbringen wollte: Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und den USA dümpelt weiter vor sich hin, mangels Interesse jenseits des Atlantiks.

Schweigen vor der Macht

Recht soll vor Macht walten – diese Botschaft verbreitete Ueli Maurer in beiden Präsidialjahren, und sie entspricht den Grundprinzipien der Schweiz. «Zu oft entsteht der Eindruck, dass die Macht der Grossen vor dem Recht der Kleinen kommt», sagte Maurer in seiner Rede vor der UNO. Wie oft in der Schweizer Aussenpolitik überwogen aber in entscheidenden Momenten kurzfristige wirtschaftliche Interessen. An bilateralen Treffen mit den Mächtigen unterliess es Maurer, sich für das Prinzip «Recht vor Macht» einzusetzen.

Etwa als er Donald Trump im Weissen Haus traf: Es war kein Thema, dass der US-Präsident die internationale Ordnung aktiv untergräbt, wenn man die Mitteilung danach liest. Ebenso wenig als Maurer den russischen Präsidenten Wladimir Putin besuchte, der mit der Einverleibung der Krim internationales Recht brach: kaum ein Wort dazu – oder jedenfalls war das Thema nicht wichtig genug, um es in der Medienmitteilung zu erwähnen. Einzig in China habe die Schweizer Delegation für die «Lösung von Handelskonflikten im multilateralen Rahmen» plädiert, steht in der Verlautbarung.

Geschäfte mit den Scheichs

Der Widerspruch zwischen Wirtschaft und Werten, der die Schweizer Aussenpolitik seit jeher prägt, zeigte sich am eklatantesten bei den Menschenrechten. Bundespräsident Ueli Maurer erklärte im September in seiner Rede vor der UNO, die Liste der Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht sei «zu lang». Es gebe für die Schweiz «keine wichtigere und vornehmere Aufgabe», diesen Werten «überall zum Durchbruch zu verhelfen».

Einen Monat später flog er mit einer Delegation von Bankenvertretern nach Riad. Saudi-Arabien verstösst regelmässig gegen Menschenrechte, mit Amputationen, Folter und Todesstrafe. Es exportiert seinen fundamentalistischen Islam ins Ausland und finanziert den Terror. Die Schweiz verfolgt zwar den Ansatz, mit allen Staaten im Dialog zu bleiben. Dazu dürften aber Kontakte auf Diplomaten- oder Aussenministerebene ausreichen. Ein Staatsbesuch verleiht dem Königreich am Golf viel Ehre und Anerkennung. Es bedankte sich mit einer Einladung ans G-20-Treffen im kommenden Jahr in Riad. Das mag von Vorteil sein, der Preis dafür war aber hoch. Ueli Maurer agierte hier eher als Diener des Finanzplatzes, denn als Vertreter einer kohärenten Aussenpolitik.

Die rege Reisetätigkeit Bundesrat Ueli Maurers in seinem zweiten Präsidialjahr war in vielen Fällen wohl nützlich für die Schweiz. In einigen Fällen aber erlag Ueli Maurer – übrigens ähnlich wie SP-Bundespräsident Alain Berset ein Jahr zuvor – der Aura der Macht.

Priscilla Imboden

Bundeshausredaktorin, SRF

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Priscilla Imboden ist schweizerisch-amerikanische Doppelbürgerin und war vier Jahre lang als USA-Korrespondentin für SRF tätig, bevor sie zur Bundeshausredaktion von Radio SRF stiess. Davor arbeitete sie bereits während acht Jahren in der Wirtschaftsredaktion von Radio SRF in Bern.

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