Zehntausende Menschen sind wegen des Kriegs in der Ukraine in die Schweiz geflüchtet. Für sie gelten mit dem Schutzstatus S spezielle Regeln. Etwa dürfen sie hier arbeiten. Auch bei der Sozialhilfe galten bis vor kurzem besondere Bestimmungen.
Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren SODK hat aber Verschärfungen beschlossen. Vermögen, wie Liegenschaften oder Bankkonten, sollen bei der Vergabe von Sozialhilfe berücksichtigt werden. Alle Sozialhilfebeziehenden sollen gleich behandelt werden.
Kantone sehen grossen Aufwand
Die Kantone sind daran, die Verschärfungen umzusetzen. Nicht alle sind gleich weit, zeigt eine Umfrage von SRF.
Baselland setzt die Massnahmen mit Abweichungen um. Seit Frühling sollen Gemeinden Vermögen, wenn möglich, berücksichtigen. Schwierig sei die Kontrolle der gemachten Angaben und der Vermögenswerte.
Basel-Stadt ist weniger weit. Die Beratungsteams Asyl seien stark ausgelastet und hätten wenig Ressourcen für zusätzliche Aufgaben. Die Umsetzung ist aber für die kommenden Wochen geplant.
Auch der Kanton Bern berücksichtigt die Vermögenswerte von Ukrainerinnen und Ukrainern bereits. Der Aufwand sei relativ hoch, um abzuklären, ob Vermögen in der Ukraine verwertet werden könne. Zudem soll eine Verwertung nicht die Rückkehr in die Heimat erschweren.
Einfacher findet die Abklärungen der Kanton Luzern. Die Beschaffung von Bankauszügen aus der Ukraine sei unproblematisch. Man müsse aber auf die Ehrlichkeit der Personen vertrauen. Sie seien aber meist kooperativ.
Im Kanton Schwyz berücksichtigen einige Gemeinden das Vermögen bei Sozialhilfeanträgen. Vermögen nachzuweisen, sei aber schwierig und aufwändig. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer mit einem Einkommen versuchten allerdings, irgendwie selber über die Runden zu kommen.
Keine Zeit für Abklärungen
Im Aargau gelten die strengeren Regeln seit Anfang Oktober, im Kanton Solothurn schon seit Sommer. In der Praxis gestaltet sich die Umsetzung aber schwierig bis unmöglich. Das zeigen zwei Beispiele:
Die Verschärfung sei sehr kurzfristig kommuniziert worden, sagt Marco Schwab, Leiter des Sozialdiensts in Laufenburg (AG). Die meisten Sozialdienste seien noch dabei, die Prozesse zu erstellen. An Kürzungen der Sozialhilfe glaubt Schwab nicht. Ein Haus in der Ukraine etwa müsste zuerst verkauft werden und das sei fast unmöglich: «Für einen Verkauf braucht es in der Regel eine Präsenz vor Ort. Das können wir von den Leuten nicht verlangen.»
Auch die Überprüfung der gemachten Angaben sei sehr schwierig: «Wurden die Vermögensbestände – Wohnungen, Liegenschaften – zerstört? Geben die Personen alle Bankkonten an?» Seit dem Ukraine-Krieg betreue der Sozialdienst Laufenburg doppelt so viele Personen. Für aufwändige Abklärungen bleibe keine Zeit.
Steht das Haus noch?
Ähnlich klingt es in der Stadt Solothurn. Gemachte Angaben überprüfe man nicht mit einem Anruf in die Ukraine, meint David Leuenberger von den Sozialen Diensten. Zudem ändere sich die Situation vor Ort schnell. Vielleicht treffe schon morgen eine Rakete ein Wohnhaus. «Wir hören von Flüchtlingen oft: Wir hätten ein Haus, wissen aber nicht, ob es noch steht.»
Verwerten könnte man nur die Wertsachen, welche auf die Flucht mitgenommen wurden. Kleider oder persönlichen Schmuck taste man aber nicht an. Und das Auto dürfen Ukrainerinnen und Ukrainer im Gegensatz zu anderen Sozialhilfebeziehenden behalten. Ihm sei kein einziger Fall bekannt, in welchem die Sozialhilfe gekürzt worden sei, so Leuenberger.