Am 1. August feiert sich die Schweiz. Passend zum Anlass hat das Forschungsinstitut Sotomo die Schweizer Bevölkerung in einer repräsentativen Umfrage gefragt, was die Schweiz besonders macht und welche helvetischen Eigenheiten zusammenschweissen.
Demokratisch, zuverlässig und ein Land der Naturschönheiten
«Was ist für Sie das Ideal der Schweiz?» Die Antworten von knapp 2790 Menschen aus allen Sprachregionen zeigen einen klaren Platz 1: das politische System. Direkte Demokratie, Föderalismus und Milizsystem zeichnen für 54 Prozent die Schweiz aus. Auf dem Fuss folgt die Wirtschaft. Stabil, zuverlässig, einsatzbereit – viele der Befragten (46 Prozent) sind stolz auf das wirtschaftliche Erfolgsmodell. Dabei ist der Wirtschaftsmotor Schweiz vor allem bei Älteren hoch im Kurs – die 18- bis 35-Jährigen nennen ihn deutlich seltener (31 Prozent).
Nach den eher abstrakten Spitzenreitern kommt aber auch die Natur nicht zu kurz. Schweizer Naturschönheiten, Seen oder Berge inklusive, liegen auf Platz 3.
Lebendig ist insbesondere immer noch das, was Innenpolitik ausmacht.
Für den Politikwissenschaftler und Sotomo-Leiter Michael Herman ist ein zentraler Befund der Umfrage, dass nicht alle Teile des Schweizer Sonderfalls bei der Bevölkerung noch gleich lebendig sind. «Lebendig ist insbesondere immer noch das, was Innenpolitik ausmacht, die direkte Demokratie, der Föderalismus, das Milizsystem, aber auch der wirtschaftliche Erfolg.»
International steht die Schweiz für Neutralität und ist bekannt als Vermittlerin dank ihrer Guten Dienste. Doch die Umfrage zeigt: Für das Selbstbild der Schweizerinnen und Schweizer sind diese Aspekte weniger wichtig. Die Neutralität und die Guten Dienste werden gar von den wenigsten als Ideal der Schweiz genannt (30 Prozent).
Neutralität wird eigentlich, so zeigen andere Studien, mehrheitlich begrüsst.
«Das hat mich tatsächlich überrascht,» sagt Hermann. Die Neutralität und auch die Souveränität werde von nicht einmal einem Drittel der Bevölkerung als zentrales Ideal der Schweiz angesehen. «Das ist sehr interessant, weil Neutralität wird eigentlich, so zeigen andere Studien, mehrheitlich begrüsst,» sagt der Studienleiter weiter.
Aber auch in der Umfrage zeigt sich die Schweizer Vielfalt – zum Beispiel in den Sprachregionen: Beim politischen Erfolgsmodell als Ideal schlechthin ist man sich noch einig, danach setzt die Deutschschweiz mehr auf die Wirtschaft (49 Prozent), die Romandie ist stolz auf die Naturschönheiten (47 Prozent). Und einzig bei Befragten in der italienischsprachigen Schweiz haben Neutralität und die Guten Dienste noch einen hohen Stellenwert (43 Prozent).
Die Demokratie hält zusammen
Die direkte Demokratie hält die Bevölkerung in der Schweiz zusammen. Über 70 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass die direkte Demokratie den Zusammenhalt fördert. Damit ist sie einsame Spitzenreiterin. Weitere Schweizer Spezialitäten wie das duale Bildungssystem, der Föderalismus oder auch der Militärdienst und Zivilschutz folgen mit deutlichem Abstand.
Die Abstimmungen bieten zwar Zündstoff für Streitgespräche und öffnen immer wieder einmal neue Gräben. Aber sie binden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auch direkt in die Entscheidungen ein und verleihen ihnen Selbstermächtigung.
Damit ist die direkte Demokratie in der Umfrage die grosse Gewinnerin: Nicht nur als Ideal, zu dem man in der Schweiz hochschaut, sondern auch als Kitt, der die Bevölkerung verbindet.